RuhrGesichter Als der bedeutende französische Ägyptologe Francois Auguste Ferdinand Mariette, Begründer des Ägyptischen Museums Kairo, La fiancée du Nil schrieb, konnte er nicht ahnen, dass auf dieser Erzählung das Libretto (in der abschließenden Form von Antonio Ghislanzoni) zur großen italienischen Oper AIDA basieren würde, die noch zu Lebzeiten Mariettes im Jahr 1871 in Kairo uraufgeführt wurde.

Guiseppe Verdis AIDA                                                          

Ein audiovisueller Triumphmarsch in Düsseldorf

Tatsächlich   war   er   es   jedoch   selbst,   der   den   Anstoß   zu   diesem   Meisterwerk   gab, denn   er   schickte   seine   Erzählung   an   Camille   du   Locle,   Manager   der   Pariser Opera-Comique,   der   die   Erzählung   an   Verdi   weitergab   mit   dem   Hinweis,   dass,     wenn   er   die   Oper   nicht   schreiben   würde,   dann   würde   man   den   Auftrag   an Richard   Wagner   vergeben.   Verdi   schrieb   1870   an   einen   Freund:   „Eine   Oper   für Kairo    komponieren!!!    Puh!    Ich    gehe    nicht    hin,    sie    zu    inszenieren,    weil    ich fürchten müsste, dort mumifiziert zu werden.“ Der   Rest   ist   Geschichte;   Verdi   schrieb   mit   AIDA   eine   der   erfolgreichsten   Opern der Musikgeschichte. Wenn   Mariette   und   Guiseppe   Verdi   in   der   AIDA   Inszenierung   von   Rian   van Holland    in    Düsseldorf    zugegen    gewesen    wären,    hätten    Sie    sich    von    ihrem eigenen   Werk   in   den   Bann   gezogen   auf   die   vorderste   Sitzkante   gesetzt   und begeistert   gestaunt,   was   die   große   AIDA   Arenen   Produktion   an   hochklassiger, bombastischer   und   doch   feinfühliger   musikalischer   Umsetzung   zu   bieten   hatte. Das   Ganze   gelang   auf   eine   überraschend   phantasievolle,   berührende,   aber   nie marktschreierische oder effektheischende Weise. Chapeau! Nina   Clausen   als   Aida   brillierte   in   Gesang   und   Spiel,   sie   trug   ihr   Leiden   und   ihre Hoffnung    glaubwürdig    ins    Publikum.    Zusammen    mit    der    großartigen    Sophia Maeno     als     Amneris     brachte     sie     das     spannende     Verhältnis     der     Beiden facettenreich und in jeder Hinsicht begeisternd auf die riesige Bühne. Radames   wurde   von   Martin   Shalita   und   Ramfis   von   Andrew   Nolan   eindrucksvoll gesungen    und    überzeugend    dargestellt;    V.    Sovoy    My    Ilwain    verkörperte Amonasro mit raumgreifender Bühnenpräsenz. Die   Liebesgeschichte   zwischen   der   äthiopischen   Königstochter   Aida   und   dem ägyptischen   Heerführer   Radames   war   in   dieser   kompakten   Inszenierung   nicht   nur geeignet   für   versierte   Opernkenner,   sondern   in   Erwartung   des   Spektakels   im   PSD Bank   Dome   Düsseldorf   sprachen   wir   zuvor   mit   einigen   Zuschauern,   die   zum ersten   Mal   in   ihrem   Leben   eine   Oper   erleben   wollten.   Als   „Einstiegsdroge“   war diese   AIDA   Inszenierung   tatsächlich   perfekt   geeignet,   auch   wenn   der   PSD   Bank Dome    als    Multifunktionshalle    auf    den    ersten    Blick    weder    etwas    von    einem Opernhaus, geschweige denn von einem ägyptischen Tempel hat. Dafür   stimmte   der   Rahmen:   Im   nie   überfüllten   Umlauf   der   Arena   fand   sich   neben stets   freundlichem   Personal   ein   sehr   gutes   Angebot   an   Snacks   und   Getränken, zwar    wie    üblich    bei    diesen    Gelegenheiten    völlig    überteuert,    aber    durchaus reichhaltig   inkl.   leckerer   Crepes   und   veganen   Angeboten   an   der   heißen   Theke. Liebe   Verantwortliche   der   Westfalenhallen   Dortmund:   Macht   mal   einen   Ausflug nach Düsseldorf. Beim   Betreten   des   Innenraumes   nahmen   wir   den   extra   für   AIDA   kreierten   süßlich frischen   Duft   wahr,   den   die   Palmen   am   Bühnenrand   versprühten   und   hörten   das leise   Zirpen   der   Zikaden   bei   ihrem   Liebesgesang.   Warum   der   durchaus   gelungene „ägyptische   Raumduft“   zwar   in   kleinen   Flakons   auf   den   Edelsitzen   in   den   ersten Reihen   vor   der   Bühne   als   kleines   Geschenk   für   die   Besucher   lag,   jedoch   nicht   am Merchstand   erhältlich   war,   erschließt   sich   uns   nicht.   Überhaupt   ist   für   eine   so große   Produktion   ein   schmales   Programmheft   als   Merchandise   etwas   dünn;   es   ist unklar, warum diese Einnahmemöglichkeit liegen gelassen wurde. Die   Bühne   jedenfalls   wurde   von   einer   großen   Tempelanlage   beherrscht   und „ägyptische   Teppiche“   markierten   im   Zuschauerraum   jene   Bereiche,   in   denen   die Darsteller   ganz   nah   zwischen   den   Zuschauern   agierten.   Mittendrin,   statt   nur dabei.   Wer   also   im   sehr   gut   gefüllten   Rund   der   Arena   während   der   Aufführung kurz   zur   Toilette   wollte,   tat   gut   daran   sicherzustellen,   dass   er   nicht   plötzlich   einer Horde Priester gegenüberstand oder den formidablen Tänzern ins Gehege kam. Der   zauberhafte   Opernabend   unterhielt   tatsächlich   von   der   ersten   bis   zur   letzten Minute,    dies    lag    neben    der    herausragenden    musikalischen    Leistung    von Orchester,   Chor   und   Solisten   auch   an   der   visuellen   Umsetzung   der   Oper.   Liebevoll und   detailreich   inszeniert,   gab   es   immer   etwas   zu   sehen:   Ob   der   -für   eine   Oper eher   ungewöhnlich-   von   tausenden   Handyleuchten   im   Zuschauerraum   erzeugte „Sternenhimmel“,    die    Barkenfahrt    auf    dem    mit    Tüchern    gebildeten    Nil    oder Feuereffekte:   All   dies   gelang   zwar   eindrucksvoll,   wurde   aber   nie   über   die   Maßen ausgereizt    und    drohte    zu    keinem    Zeitpunkt,    das    Werk    Verdis    unter    sich    zu begraben.   Dies   galt   auch   für   den   Auftritt   des   beeindruckenden   Requisiten   - Elefanten:   All   dies   geriet   nie   zum   Selbstzweck,   sondern   bettete   sich   stets   wie   das angemessene    Lichtdesign,    die    gelungene    Choreographie    der    Tänzer    und    die tollen Kostüme harmonisch in das Gesamtwerk ein. Wenn   wir   Fehlerchen   im   Sound,   Kostümen   und   der   Inszenierung   hätten   suchen wollen,   dann   könnten   wir   auch   ein   paar   Kleinigkeiten   auflisten,   aber   dies   wäre angesichts   des   rundum   grandiosen   Abends   unpassend.   Einzig   vielleicht   dies:   Das unter   der   Leitung   von   Michael   Ellis   Ingram   brillierende   Orchester   hätte   es   beim Schlussapplaus   verdient   gehabt,   den   „Keller“   unter   dem   Tempel   verlassen   zu dürfen   und   sich   auf   der   Bühne   den   verdienten   Beifall   abzuholen,   anstatt   wie neugierige Erdmännchen über den Rand ihres Geheges lugen zu müssen. Fazit:     Große     Oper     in     großem     Rahmen     funktioniert.     Dass     eine     solche Materialschlacht   vor   tausenden   Zuschauern   das   rechte   Maß   zwischen   Bombast und   berührenden,   leisen,   nahen   Momenten   findet   und   das   Werk   selbst   jederzeit in   den   Mittelpunkt   rückt:   Dies   war   neben   der   starken   Leistung   aller   Akteure wirklich herausragend. Nach   den   Deutschland   Terminen   wird   AIDA   Europa   bereisen   und   noch   viele Opern   Fans   beglücken.   Wir   können   an   dieser   Stelle   nur   applaudieren   und   eine Empfehlung   aussprechen,   sich   das   Spektakel   -wann   und   wo   auch   immer-   nicht entgehen zu lassen.