RuhrGesichter „Lily, oh Lily I’m so afraid                                                        I fear I am walking in the veil of darkness                       And she said                                                                      Child, take what I say                                                        With a pinch of salt                                                             And protect yourself with fire.“                                       (Kate Bush, Lily)

Anneke van Giersbergen                                                                

Performs Kate Bush

Anneke   van   Giersbergen   gab   mit   ihrem   „Kate   Bush“   –   Programm   ein   Gastspiel   in Bochum.    Welch    ein    Glück    für    die    Fans    von    Bush    und    van    Giersbergen gleichermaßen, dass Anneke im Gegensatz zu Kate gerne Konzerte gibt. Nicht    wie    üblich    um    20    Uhr,    sondern    bereits    um    18:30    Uhr    sollte    die niederländische     Ausnahmesängerin     Anneke     van     Giersbergen     ihr     Konzert beginnen.    Für    unseren    rasenden,    nie    rastenden,    aber    dank    des    vielen Sommerregens   allmählich   rostenden   Reporter   vor   Ort   läuft   18:30   Uhr   jedoch unter    „unchristlich    früh“    und    es    erforderte    sämtliche    Rennfahrerskills,    um pünktlich   vor   Ort   zu   sein.   So   fand   er   sich   „just   in   time“   im   bestuhlten   Zelt   3 zusammen   mit   rund   300   weiteren   Zuhörern   ein,   die   erfreulicherweise   ebenfalls vorher   nochmal   auf   ihr   Ticket   geschaut   hatten,   um   rechtzeitig   im   Zelt   zu   sein. Denn:   Anneke   van   Giersbergen   begann   mit   ihrer   übrigens   vorzüglichen   Band   die Reise durch die Welt von Kate Bush pünktlich. Anneke   van   Giersbergen   feierte   Anfang   2023   ihren   fünfzigsten   Geburtstag,   ist seit   ihrer   Zeit   bei   den   Progressive   Rockern   von   „The   Gathering“   im   Gegensatz zum   teils   in   Würde   gereiften   Publikum   jedoch   kein   bisschen   älter   geworden.   Das liegt   entweder   an   regelmäßigen   Adrenochrom   –   Portionen   oder   vielleicht   hält gute   Musik   auch   einfach   jung.   Und   gute   Musik   gab   es   an   diesem   Abend,   auch weil   die   eigentlich   aus   dem   Jazz   und   der   Klassik   stammende   Sängerin,   die schließlich   mit   Rock   &   Metal   berühmt   wurde,   sich   für   Genregrenzen   reichlich wenig   interessiert:   Sie   gab   den   großen   und   kleinen   Hits   von   Kate   Bush   mit   dem typischen   Giersbergen   Sound   ein   neues   Zuhause,   interpretierte   und   hauchte   den Songs auf ihre eigene, sehr spezielle Art Leben ein. Nicht,   dass   wir   uns   missverstehen:   Kate   Bush   hat   zeitlose   Musik   erschaffen,   die auch   heute   noch,   Jahrzehnte   später,   funktioniert;   die   Songs   benötigen   keinen Refresh.     Wenn     andere     Musiker     solche     für     sich     selbst     stehende     Songs nachspielen,   erzeugt   dies   in   unseren   kritischen   Ruhrgesichter   –   Ohren   oft   eine Reaktion   vergleichbar   mit   einem   Besuch   auf   dem   Mond:   Für   einen   Moment   cool und   interessant,   auf   Dauer   fehlt   aber   die   eigene   Atmosphäre.   Umso   größer   war die    Leistung    von    Anneke    van    Giersbergen    einzuschätzen,    die    es    mit    ihrer hypnotischen   Stimme   schaffte,   den   zeitlosen   Werken   von   Kate   Bush,   die   eben nicht   im   Staub   der   Jahrzehnte   auf   ihre   Retterin   Anneke   gewartet   haben,   nicht ihren   ureigenen   Zauber   zu   nehmen,   sondern   ihnen   eine   neue   Klangperspektive hinzuzufügen.   Das   gelang   an   diesem   schönen,   intimen   Abend   im   Zelt   fast   immer herausragend   gut   und   sowohl   die   Fans   von   Käthe,   als   auch   von   Anneke   kamen voll auf ihre Kosten. Gleich   zu   Beginn   stellte   van   Giersbergen   verschmitzt   fest,   dass   sie   zwar   ein bisschen    deutsch    spreche,    aber    nicht    vorhatte,    dies    auch    zu    tun.    Dennoch rutschte   ihr   kurz   darauf   ein   „supergeil“   und   wenig   später   ein   „du   bist   süß“ Richtung Publikum raus. Zu   unseren   musikalischen   Highlights   gehörten   Lily,   Hounds   of   Love   und   der Bush/Peter   Gabriel   Song   Don’t   give   Up,   der   in   einen   blumigen   Reggae   Ausflug mündete.   Aber   auch   kleine,   obskure   Songs   wie   Babooshka   fanden   ihren   Platz neben   You‘re   the   One,   Mother   Stands   for   Comfort   und   Wuthering   Heights   inkl. einer    Minilesung    der    Kurzversion    des    Werkes.    Der    beeindruckende    Gesang schwebte   durch   das   Zelt,   sammelte   sämtliche   anwesende   Ohren   und   Herzen   ein und gab sie nicht wieder her. Da   Frau   van   Giersbergen   nicht   nur   eine   Ausnahmekünstlerin   ist,   sondern   auch   ihr sympathisches,    patentiertes    Anneke-Lächeln™    mit    an    den    Kemnader    See gebracht   hatte,   erfüllte   das   reichlich   mit   musikalischer   Schönheit   beschenkte Auditorium   auch   noch   ein   heimeliges   Gefühl:   Man   könnte   zwar   auch   in   der Karibik    sein,    in    Island,    auf    Malle    oder    auf    dem    heimischen    Sofa    mit    den Lieblingsmenschen   nach   Wahl;   aber   jetzt   und   diesem   Moment   war   es   nirgendwo im   Universum   besser   als   in   diesem   Zirkuszelt   in   Bochum,   um   mit   Anneke   nebst Band Quality Time zu verbringen. Van   Giersbergen   spielte   Gitarre,   sang,   lächelte   ihr   Anneke-Lächeln   und   erzählte kleine   Geschichten.   So   zum   Beispiel,   dass   Kate   Bush   im   Alter   von   gerade   mal   13 Jahren   den   Song   The   Man   With   the   Child   in   His   Eyes   schrieb   und   diesen   mithilfe von David Gilmoure im Alter von 16 Jahren professionell aufnahm. In   dem   kleinen   Zelt   war   sie   ohnehin   den   Zuhörern   stets   ganz   nah,   dennoch erzeugte   sie   den   Eindruck   für   jeden   einzelnen   ganz   persönlich   zu   singen.   Mit körperlich   spürbarer   Rastlosigkeit   interpretierte   sie   den   größten   Bush   Hit   Running Up That Hill als zweite Zugabe nach Cloudbusting. Das   Publikum   erhob   sich   zu   Standing   Ovations.   Wie   praktisch,   dass   ohnehin   alle standen,   denn   der   allerletzte   Song   nach   rund   90   Minuten   war   passenderweise   ein Tanzlied: The Red Shoes. Der   geneigte   Leser   dieser   Zeilen   sollte   bereits   zur   Erkenntnis   gekommen   sein: Das   Konzert   war   eine   Wohltat   für   malträtierte   Ruhrgesichter   Ohren   und   Balsam für   die   Seele.   Unser   rasender   Reporter   vor   Ort   pfiff   auf   journalistische   Distanz und   schwebte   nach   dem   Konzert   verliebt   über   das   Festivalgelände:   Verliebt   in Anneke,   verliebt   in   die   wundervolle   Musik,   verliebt   in   das   vielseitige   Zeltfestival Ruhr.