RuhrGesichter

Der   

Comedian   

Bülent   

Ceylan   

kam   

aus   

dem   

einigermaßen

schönen  

Mannheim  

zu  

uns  

in  

das  

sehr  

schöne  

Dortmund,  

um  

als

„Luschtobjekt“     

die     

Westfalenhalle     

voller     

„Wolluscht“     

zu

zerlegen.   

Das   

Programm   

hatte   

bereits   

2020   

Premiere,   

es

handelte    

sich    

in    

Dortmund    

um    

den    

Nachholtermin    

eines

Nachholtermins;  

der  

Vorverkauf  

für  

das  

nächste  

Programm  

läuft

bereits.  

Bülent Ceylan                                         

Das LUSCHTOBJEKT in Dortmund

Bülent    Ceylan    ist    es    seit    langem    gewohnt,    in    kleineren    Hallen    und    riesigen    Arenen gleichermaßen    zu    spielen;    mal    kuschelig    die    Stadthalle    erobern,    dann    wieder    mit Feuereffekten   und   Krawall   die   großen   Hallen   zerlegen.   Der   Zweckbau   der   Westfalenhalle war   so   abgeteilt,   dass   rund   4000   Comedyfreunde   Platz   fanden.   Herausfordernd   war   für   uns und   die   anderen   Besucher   an   diesem   Abend   bereits   die   Anreise:   In   der   Westfalenhalle   die Großveranstaltung     mit     Bülent     Ceylan,     nebenan     in     den     Messehallen     eine     große Motorradmesse   mit   rund   20000   Besuchern   und   der   örtliche   Fußballverein   hatte   auch   volles Haus   beim   Heimspiel   in   Rufweite.   Dazu   kamen   zwei   Großdemonstrationen   in   Dortmund.   Ein super   Idee   also,   an   diesem   Tag   einen   fröhlichen   Verdi   Warnstreik   auszurufen   und   den Öffentlichen   Nahverkehr   lahmzulegen.   Auch   die   klimabewegten   Freunde   von   Fridays   for Future   schlossen   sich   dem   Mobilitätsverhinderungsreigen   an.   Beim   Anreisestau   gab   es   für uns   mit   den   Leidensgenossen   in   Nachbarfahrzeugen   ausreichend   Gelegenheit   darüber   zu philosophieren,   ob   es   sich   die   Letzte   Generation   traut,   sich   vor   die   anreisenden   Borussia   Ultras zu kleben. Spoiler: An Bülent jedenfalls hat sich jedenfalls niemand geklebt. Die   Veranstaltung   begann   dem   Verkehrschaos   zum   trotz   mit   „nur“   20   Minuten   Verspätung, irgendwann   hatte   auch   der   letzte   Nachzügler   mit   Bier   und   Snack   bewaffnet   seinen   Platz gefunden.   Luschtiger   Nebenkriegsschauplatz:   Die   Getränkestationen   gaben   die   Getränke nur   vor   der   Show   und   in   der   Pause   aus,   um   Störungen   zu   vermeiden.   So   weit,   so   sinnig. Wenn    nicht    auf    den    Bildschirmen    darauf    hingewiesen    worden    wäre,    dass    die    Kioske Pfandbecher   nur   bis   10   Minuten   VOR   Showende   zurücknehmen.   Sollte   sich   Bülent   also beim   Showfinale   gefragt   haben,   warum   doch   einige   Menschlein   mehr   als   erwartet   mit   ihren Bechern   vorzeitig   zum   Ausgang   pilgerten:   Jetzt   hat   er   eine   Erklärung,   bei   der   es   nicht   an seinem Gesang lag ;). Aber wieder zum Wesentlichen: Wir   Ruhrgesichter   kannten   Bülent   Ceylan   bislang   nur,   weil   man   sich   ihm   in   den   letzten Jahren   einfach   nicht   entziehen   konnte:   Seine   Live   –   Programme   wurden   gern   im   TV gezeigt,   in   der   finalen   Karrierephase,   in   der   er   im   Fernsehen   von   Spielshow   zu   Spielshow gereicht   wird,   ist   er   allerdings   erfreulicherweise   (noch)   nicht.   Wir   waren   weder   „Bülent- Kenner“,    noch    eingefleischte    Fans    und    sind    grundsätzlich    immer    skeptisch,    wenn    ein einzelner   Typ   einsam   auf   einer   riesigen   Bühne   von   sich   behauptet,   dass   er   uns   ganz   allein durch   ein   paar   lustige   Geschichten   zwei   Stunden   gut   unterhalten   kann.   Außerhalb   eines Fußballstadions   sind   wir   Ruhrgesichter   also   durchaus   anspruchsvoll.   Allerdings   kam   Bülent Ceylan   gar   nicht   wirklich   allein,   sondern   er   hatte   nicht   nur   sein   Alter   Ego,   sondern   eine ganze   krude   Truppe   von   alten   Egos   im   Schlepptau.   Unter   anderem   leitete   er   als   Mompfred einen   Integrationskurs   für   Flüchtlinge,   berichtete   als   Hassan   von   den   Vaterfreuden   und Turbulenzen    im    Flugzeug.    Hassan    war    es    auch,    der    erstmals    bemerkte,    dass    das Dortmunder   Publikum   „etwas“   anders   ist   als   in   anderen   Städten.   Der   Dönergott   Thor schaute    vorbei    und    natürlich    auch    Anneliese    konnten    wir    neu    kennenlernen    oder wiedersehen.   Bülent   durfte   dafür   das   Publikum   im   Allgemeinen   und   Ja-Jan,   die   kleine   Maja und    Geburtstagskind    Jessica    im    Speziellen    kennenlernen.    Letztgenannte    bekam    ein deutsch-türkisches   Happy   Birthday   gesungen;   Ceylan:   „Wer   jetzt   draußen   vorbei   geht, denkt, hier wird ‘ne Moschee eröffnet.“ Ansonsten   nutzte   Ceylan   den   Freiraum,   den   er   als   Deutsch-Türke   hat,   erbarmungslos   aus: Ob    er    nun    feststellte,    dass    in    Dortmund    noch    viel    krassere    Kanaken    auf    der    Straße herumlaufen   also   in   „Monnheim“,   er   über   seinen   libanesischen   Tourbetreuer   Ali   liebevollst frotzelte,   dem   „Polen“   am   Mischer   Anweisungen   erteilte   oder   ins   Publikum   fragte,   ob Russen   anwesend   seien.   Oder   Türken.   Oder   Kurden.   Oder   Chinesen.   Und   dann   schaute   er suchend   in   den   Zuschauerraum:   „Sind   Afrikaner   da?   Pole,   mach   mal   Licht   an!“   Nur,   um   sich dann   über   das   Publikum   lustig   zu   machen,   das   sich   aus   seiner   Sicht   an   manchen   Stellen fragte, ob es lachen dürfe. Das    Publikum    in    der    Halle    ging    gerne    mit    dem    leitenden    Ober    -    Luschtobjekt    auf Erkundungstour    durch    die    Welt    der    Erotik    und    der    Wolluscht.    Ceylan    machte    sich gemeinsam   mit   der   allzeit   lachbereiten   Zuhörerschaft   über   die   diversen   Luschtobjekte luschtig.   Natürlich   feuerte   Bülent   diverse   zotige   Anekdoten   ins   Publikum,   es   gab   aber   auch etwas   Tiefgang,   der   meistens   trotzdem   „lustisch“   war.   Deswegen   zeigte   Bülent   Ceylan seinem   Publikum   nicht   die   kalte   Schulter,   sondern   den   rasierten   Bauch.   Bülent   bediente   alle nur    denkbaren    Geschlechter    und    Vorlieben:    Osmanophile    Kurpfalz-Lover,    Langhaar- Fetischisten   oder   Liebhaber   großer   Nasen   und   kleiner   Bärte...   Daneben   gab   es   einen Ausflug in die Hochkultur, als er einen Auszug aus Schuberts Winterreise sang. Schön. Dass   Ceylan   mittlerweile   nicht   nur   als   Comedian   Karriere   macht,   sondern   sich   bereits   auch als     Schauspieler     in     der     Komödie     "Verpiss     dich,     Schneewittchen!"     versucht     hat, zwischenzeitlich   seine   Autobiographie   geschrieben   und   seinen   eigenen   Weißwein   kreiert   hat und   in   seinen   Programmen   auch   gern   mal   ein   Liedchen   trällert,   hat   sich   herumgesprochen. Offenbar   möchte   der   Tausendsassa   das   Thema   Musik   weiter   ausbauen:   So   arbeitet   er derzeit   an   einem   ersten   Rockalbum   mit   eigenen   Songs.   Offensichtlich   hat   sein   Auftritt   beim Wacken Festival doch tiefere, nachhaltige Spuren hinterlassen. Wir sind gespannt. In   der   Westfalenhalle   erfreute   er   das   Publikum   unter   anderem   mit   einer   netten   Version   von "Freiheit"   von   Marius   Müller-Westernhagen   und   ein   paar   rappig-rockigen   Einlagen,   so   dass der   Abend   gelegentlich   in   Richtung   Konzert   kippte.   War   aber   nicht   schlimm,   weil:   a.   gut,   b. lustisch   und   c.   maßvoll   dosiert.   So   gab   er   seinen   Song   aus   dem   TV   Format   „The   Masked Singer“   –Sweet   Dreams   (are   made   of   this)   von   den   Eurythmics-   in   einer   sehr   geilen Rockversion zum Besten, sang Father and Son von Cat Stevens und Engel von Rammstein. Aber,   lieber   Bülent   Ceylan   am   Mikro   und   lieber   Pole   am   Ton:   Der   Sound   war   nicht   gut.   Da hatte   der   einzelne   Zwischenrufer   schon   recht   und   nein,   das   lag   nicht   an   der   schwierigen Akustik   in   der   Halle.   Und:   Für   „Konzertfeeling“   (und   für   Rockkonzertfeeling   schon   dreimal) braucht der Sound viel mehr „Wumms“. Ansonsten   lieferte   Ceylan   genau   das,   was   die   Massen   bestellt   hatten,   ganz   gleich   ob   er witzige   Anekdoten   von   seinem   Sohn   erzählte,   mit   dem   er   im   Lockdown   nachts   heimlich   auf dem   Spielplatz   war   oder   über   vegane   Kondome   („ohne   Fleisch   drin“)   schwadronierte.   Wenn er   in   die   Halle   rief:   "Habt   ihr   Luscht?   Ich   will   euch   stöhnen   hören",   dann   ließ   sich   das Dortmunder   Publikum   nicht   lange   bitten,   was   er   wiederum   quittierte   mit:   „Danke,   dass   ihr gekommen   seid".   Es   blieb   also   oft   zotig,   aber   da   das   Publikum   vor   Freude   tobend   bei jedem   platten   Witz   mitging,   war   es   ein   energiegeladener,   begeisternder   Abend   mit   einem Vortänzer auf der Bühne, der unter Dauerstrom stand. Das   Publikum   lachte   Tränen,   freute   sich   über   gute   Musik   und   den   einen   oder   anderen feurigen Effekt. Weil: Eigentlich ist unser Bülent halt doch ein Rockstar. Weitere Infos hier: https://buelent-ceylan.de/    

© Foto: D4MANCE

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