RuhrGesichter Die Band Dragol aus Münster lud zu einem bemerkenswerten Konzert in die Balver Höhle und ließ die Figuren ihrer „Dunkel Mär“ am Halloween/Samhain Wochenende in unsere Welt treten. Dragol besteht aus dem „Gründerpaar“ Runa Wajassier und Vandil Lindberg, den Drummern Dag und Hoggar und seit diesem Jahr ist der Cellist Eldor dabei. Dass Dragol etwas anders „ticken“, als viele andere Bands wurde bereits bei der Organisation deutlich: Dragol mietete die riesige Höhle, in der sich sonst 1000 - 2000 Besucher stapeln und limitierte den Ticketverkauf auf nur 100 Karten.

DRAGOL                                                        

live in der Balver Höhle

Wir   fragten   im   Vorfeld   des   Konzertes   bei   Vandil   Lindberg   nach,   der   im   Jahr   2016 mit seiner Partnerin Runa Wajassier der Band Dragol das Leben schenkte: Ruhrgesichter :   Wie   seid   Ihr   darauf   gekommen,   die   riesige   Balver   Höhle   für Euer   Konzert   anzumieten?   Endet   das   in   einem   finanziellen   Fiasko   oder   steht   in der   dunklen   Märchenwelt   ein   dukatenscheißender   Esel?   Oder:   Da   Eure   Lieder ohnehin   Klang   gewordene   Kurzfilme   sind;   habt   Ihr   in   der   Höhle   einen   perfekten Schauplatz   gefunden,   um   die   Figuren   der   Dunkel   Mär   Wirklichkeit   werden   zu lassen?  Vandil :   Ney,   ney,   wir   machen   mit   der   Höhle   ein   dickes   Minus.   Sie   ist   für   1000 Leute   ausgelegt   –   und   wir   lassen   nur   100   zu   (Hygiene-Konzept).   Aber   einmal gönnen    wir    uns    das!    Ja,    wir    glauben,    dass    lohnt    sich.    Was    könnte    schon mystischer   als   eine   Höhle   sein?   Dazu   Fackeln,   Nebel…   Vor   Jahren   hatte   Runa einen Wunsch: „Einmal in einer Höhle spielen!“ Ruhrgesichter :   Das   Genre,   in   dem   Ihr   Euch   zuhause   fühlt,   nennt   Ihr   Dunkel Mär. Was verbirgt sich dahinter und worum geht es bei den dunklen Märchen? Vandil :   Es   geht   ums   Eintauchen   in   eine   andere   Welt:   Eine   Märchenwelt   –   aber dunkler   als   in   der   Kinderzeit.   Wenn   Leute   eine   Gänsehaut   bekommen,   freuen   wir uns.   Aber   es   geht   vor   allem   um   Heilung:   Die   Geschichten   und   die   Figuren   sind zwar   sehr   finster.   Aber   wir   stehen   nicht   auf   der   Seite   der   Fresser   oder   des Klauens.   Wir   sind   fasziniert   von   der   Dunkelheit.   Erkennen   sie   an,   suhlen   uns darin   –   aber   dann   BADEN   wir   wieder   im   Licht.   Das   Dunkle   nutzen   wir   nur.   Es   geht darum TROTZ Widerstand sein Licht zu bewahren. Jeder   Song   ist   auf   der   ersten   Ebene   ein   dunkles   Märchen.   Meist   sehen   wir   da einen düsteren Film. Für uns gibt es dahinter immer noch eine Botschaft, z.B.: „Greif   die   Hand,   Schütz   dein   Licht,   denn   sie   kommen.“   (Werte:   Helfen, Liebe, sich schützen)                                                                         „Lieber tot als ein Sklave“ (Freiheit, sich nicht gefangen nehmen lassen) „Wir werden uns niemals beugen.“ (Trotz, Stärke, Klarheit) Lieber VOLL LEBEN und für seine Werte sterben! Wir   haben   gerade   einen   neuen   Song   geschrieben   –   vielleicht   könnte   folgender Satz den Kern wiedergeben: „Tanz mit der Dunkelheit – du bist Licht.“ Ruhrgesichter :   Ihr   führt   Eure   Zuhörer   in   eine   finstere   Märchenwelt   und   kommt aus   der   Liverollenspiel   –   Szene,   die   Zuordnung   zur   Mittelalter-   oder   Viking   Szene scheint also eher nicht so zu passen: Wo verortet Ihr Euch selbst? Vandil :   Schwierig…   Wenn   wir   müssten:   Dark   Vikings   meets   Mad   Max.   Aber   das gibt   es   eher   für   Außenstehende   wieder.   Vielleicht   passt   „Dark   Mystik   Folk“   am besten. Oder direkt – Dunkel Mär! Ruhrgesichter : Gibt es bereits Planungen für weitere Auftritte und Projekte? Vandil :   Für   das   nächste   Jahr   suchen   wir   unser   6.   Bandmitglied:   Ein   Bassist! Ansonsten   gehen   wir   nächstes   Jahr   auf   verschiedene   Events:   Annotopia,   Viking- Mania   an   der   Ostsee   und   vieles   mehr.   Noch   einmal   können   wir   uns   die   Höhle nicht erlauben.*lacht* Außerdem   möchten   wir   ein   das   Video   zu   „Schrei   dein   Lied“   drehen:   Großes   Feuer, viele wild-Bemalte tanzen um das Feuer. *** Bevor   wir   Ruhrgesichter   uns   jedoch   weiter   Gedanken   über   künftige   Dragol   - Auftritte machen, sind wir nun gespannt auf das Dragol Konzert in der Höhle: Wer   durch   den   großen   Vorhang   die   Balver   Höhle   betritt,   erhält   wie   durch   einen magischen   Schleier   Einlass   in   die   Welt   der   Dunkel   Mär.   Das   Publikum   ist   sehr gemischt,   einige   Gewandete   sind   zugegen   und   ein   Hauch   von   Patchouli   liegt   in der Luft.... Der    Bühnenbereich    ist    detailreich    und    dem    Anlass    angemessen    „knochig“ gestaltet   und   auf   Augenhöhe   mit   dem   Publikum.   Ein   freundlicher   Mensch,   der nicht   zur   Band,   sondern   zur   Höhle   gehört   (und   dennoch   kein   Höhlenmensch   ist) raunt   uns   mit   Blick   auf   die   Bühne   zu,   dass   es   hier   vor   ein   paar   tausend   Jahren nicht viel anders ausgesehen haben dürfte… Trotz   der   limitierten   100   Karten   und   der   größten   Kulturhöhle   Europas   wirkt   die Höhle   zu   keinem   Zeitpunkt   wirklich   leer,   sondern   hat   selbst   Platz   zu   wirken.   Wir erinnern   uns   an   einige   Konzerte,   die   wir   fotografieren   durften,   bei   denen   sich   das Publikum   in   den   viel   zu   großen   Hallen   verlor;   hier,   bei   Dragol   in   der   Höhle   ist   das anders:   Es   entsteht   tatsächlich   eine   sehr   schöne,   familiäre,   intime   Atmosphäre, die über den ganzen Abend anhält. Wir   erkunden   den   Getränkestand:   Es   gibt   leckeres   Grevensteiner   und   furchtbare Brezeln,   die   wahrscheinlich   in   einem   alten   Jutesack   im   finsteren   Reich   der   Dunkel Mär drei Monate unter nassem Stroh gelagert wurden.   Doch   dann   erklingen   die   ersten   Töne   des   Cellos   und   im   Fackelschein   beginnt   das Konzert. Im   archaisch   -   ruhigen   ersten   Teil   des   Abends   kann   man   stellenweise   bevor   der Applaus   aufbrandet   eine   Stecknadel   fallen   hören,   so   dass   zwischen   den   Stücken eine   ruhige,   intime   Atmosphäre   entsteht.   Die   Höhle   und   das   Publikum   werden beseelt    von    der    eindringlichen    Musik    und    den    Geschichten    über    Suche    und Flucht, Fresser und andere Gestalten. Auf   dem   archaischen   und   wuchtigen   Schlagen   der   Trommeln   entrollt   sich   ein Teppich   aus   Piano   und   Cello   Klängen   und   über   allem   klingen   die   Stimmen   von Runa   und   Van.   Trotz   der   Gegensätzlichkeit   der   Stimmen   verfallen   die   beiden   zu keinem    Zeitpunkt    in    ein    "Die    Schöne    und    das    Biest"    -    Klischee,    sondern harmonieren     flüsternd,     grollend,     schreiend     und     singend          beeindruckend miteinander   und   erzählen   ihre   Geschichten.   Vor   uns   steht   eine   Band,   die   mit ihrem   neuen   Cellisten   derart   vollständig   und   komplett   klingt,   so   dass   die   Musik ohne   ihn   schon   jetzt   undenkbar   wirkt.   Lob   auch   an   die   Trommelgarde:   Da   wird variabel und spannend einiges an tanzbarem Druck erzeugt. Selbst   bei   einem   auch   für   die   Musiker   besonderen   „Once   in   a   Lifetime   Konzert“   in der   Höhle   kann   Unerwartetes   passieren:   Runas   Gitarre   fällt   zwischenzeitlich   aus, frau   nimmt   es   jedoch   mit   Humor.   Darüber   hinaus   wird   die   Erfahrung   gemacht, dass   heimliches   Flüstern   auf   der   Bühne   nur   halb   so   heimlich   ist,   wenn   ein   offenes Mikro    in    der    Nähe    ist;    es    gibt    trotz    aller    Dunkelheit    auch    viel    mir    der sympathischen Band zu lachen… Die   Band   hat   in   der   Höhle   einige   (Sammel-)Karten   versteckt,   so   dass   sich   in   der Pause    einige    Besucher    auf    große    Suche    begeben    und    im    Höhlendunkel tatsächlich fündig werden. Die    drei    Songs,    die    wegen    der    störrischen    Gitarre    im    ersten    Teil    ausfallen mussten,   bleibt   Dragol   dem   Publikum   nicht   schuldig,   sondern   spielt   sie   nach   der Pause   zu   Beginn   des   zweiten   Teils,   der   insgesamt   die   schnelleren   Lieder   zum Mittanzen   enthält...   und   mitgesungen   und   getanzt   wird   reichlich   (und   rhythmisch auf    die    Brust    geschlagen.    "Aber    auf    die    eigene",    wie    Vandil    gerade    noch rechtzeitig ergänzt). Nach    den    obligatorischen    Zugaben    und    einem    unterhaltsamen    musikalischen Abschlusskreis   verhallen   die   letzten   Klänge   im   sauerländer   Felsgestein   und   ein denkwürdiger Konzertabend findet sein Ende. Fazit:     Dragol     zaubern     ein     großartiges     Live     –     Erlebnis     mit     ihrer     sehr eigenständigen   Art,   Musik   zu   machen   und   Geschichten   zu   erzählen.   Aber   ach, zwei   Herzen   schlagen   in   unserer   Brust:   Wir   wünschen   Dragol   großen   Erfolg,   aber auch,   dass   diese   kleinen   feinen   Konzerte   ihren   Platz   behalten.   Entsprechend empfehlen   wir   jedem   Leser,   mal   ein   Ohr   und   ein   Auge   für   Dragol   zu   riskieren, aber pssst…, Geheimtipp…
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