RuhrGesichter „Drum tretet ein in hohe Hallen                                      Denn niemand soll heut Nacht alleine sein                       (…)                                                                                  Stimmt ein in den Chor                                                          In dieser Nacht                                                                Dieser eisheiligen Nacht“

Eisheilige Nacht                                                                  

Subway to Sally, Fiddler’s Green, Letzte Instanz

Passend   zur   Neuauflage   der   „Eisheiligen   Nächte“   veröffentlichten   Subway   to   Sally kürzlich   endlich   die   passende   Hymne   zu   ihrem   seit   dem   Jahr   2009   bestehenden Festival   zum   Jahresende.   Bereits   im   Gründungsjahr   2009   waren   die   Musikfreunde der   Letzten   Instanz   dabei,   so   dass   die   Zuschauer   in   diesem   Jahr   nachschauen konnten,   welche   der   Bands   schneller   in   Ehren   ergraut   war.   Die   Eisheiligen   Nächte wurden   den   Fans   schon   bald   nach   den   ersten   Festivals   zu   einer   liebgewonnenen Tradition    und    stehen    auf    einer    Stufe    mit    Weihnachtsbaumschmücken    und Plätzchen backen (nur kohlrabenschwarze, versteht sich). Den   einen   die   Christmette,   den   anderen   die   Eisheilige   Nacht.   Geht   aber   auch beides, sollte dann jedoch in Outfit und Tanzwütigkeit nicht verwechselt werden. Subway   to   Sally,   die   nun   auch   bereits   über   dreißig   Jahre   Geschichte   auf   dem Buckel   haben,   war   natürlich   bewusst,   dass   ein   „Titelsong“   zu   den   Festivals   nicht einfach   „irgendein   neuer   Song“   sein   konnte:   „Uns   war   von   Anfang   an   klar,   dass das   keine   gewöhnliche   Single   ist,   sondern   ein   Stück,   das   uns   über   Jahre   hinweg bei   jedem   Konzert   begleiten   wird.“   Bevor   die   Band   um   Eric   Fish   und   „Bodenski“ diesen   neuen   Song   und   ihr   aktuelles   Album   „Himmelfahrt“   zum   Besten   geben durften,   eröffneten   im   großen   Veranstaltungszelt   auf   dem   PLWM   im   Dortmunder Fredenbaumpark    zunächst    die    kroatischen    „Newcomer“    von    Manntra     den bunten    Winterreigen    (die    Band    wurde    bereits    2011    gegründet,    der    Begriff „Newcomer“   eignet   sich   hier   also   ausschließlich   in   Relation   zu   den   Methusalems der anderen Bands ;)). Da   in   Westfalen   pünktlich   zum   Festival   Flüsse   über   die   Ufer   traten,   der   Sturm blies   (ein   Tag   zuvor   wäre   das   Festival   noch   unwetterbedingt   abgesagt   worden) und    es    seit    Tagen    sintflutartig    regnete,    wäre    die    Anreise    per    Tretboot    eine vielversprechende      Option      gewesen.      Später      am      Abend      schipperten passenderweise    auch    Manntra    und    Fiddler’s    Green    mit    SUP    Board    und Schlauchboot   auf   dem   schwarzen   Meer   der   Zuschauer   herum   während   der   Regen prasselte   und   der   Wind   am   Zelt   zerrte.   Eher   witterungs-   als   bandbedingt   gab   es also   bei   Manntra   noch   ein   paar   größere   Lücken   im   Zelt,   während   die   übrigen Fans    sich    noch    durch    die    Elemente    kämpften.    Unser    rasender    und    niemals rastender    Reporter    kam    ebenfalls    etwas    abgehetzt,    aber    so    gerade    noch pünktlich   zum   Konzertbeginn   an;   die   Eisheilige   Nacht   begann   für   einige   also   eher als   scheißeilige   Nacht;   das   legte   sich   aber   mit   Betreten   des   PLWM   und   beim Anblick all der schönen Menschen jedoch umgehend. Bei   Manntra   wurden   einige   Folkelemente   und   härtere   Klänge   zu   einer   starken Melange   verrührt,   die   trotz   vieler   Band   -   Fische   im   Folk-Metal-Teich   eine   große Eigenständigkeit   besitzt   und   auch   live   viel   Spaß   machte.   Dass   kaum   noch   auf Kroatisch,   sondern   auf   Englisch   gesungen   wird,   finden   wir   persönlich   etwas schade,   ergibt   mit   Blick   auf   die   eigene   Vermarktung   allerdings   (leider)   Sinn.   Der Funken    sprang    sofort    von    der    Bühne    ins    Zelt,    taute    das    witterungsbedingt tiefgefrorene    Publikum    ordentlich    auf    und    heizte    das    Zelt    schonmal    für    die folgenden   Geschehnisse   auf   gefühlte   500   °C   vor.   Die   Feiermeute   im   Zelt   war recht   schnell   zwar   noch   nicht   in   Abriss-,   aber   bereits   in   bester   Feierlaune.   Selbst der   Tod   surfte   persönlich   -getragen   von   tausenden   Händen-   durch   die   Meute   und hielt tatsächlich das Gleichgewicht auf seinem SUP Board.   Über   die   Letzte   Instanz    aus   Dresden   müssen   wir   nicht   viele   Worte   verlieren: Sie   kamen,   sahen   und   siegten.   Mit   ihrem   von   klassischer   Musik   beeinflussten „deutschen   Rock   mit   Streichern“   begeisterten   sie   in   Sekunden;   die   textlastigen Songs   luden   ein   zu   Tanz   und   wilder   Feierei,   aber   auch   zum   Zuhören   und,   da   die Band   keine   Angst   vor   Kitsch   hat,   durfte   auch   glückselig   mit   feuchten   Augen mitgesungen,    in    Kreis    und    Dreieck    gesprungen    und    ein    bisschen    geträumt werden. Schön. Sämtliche   Lücken   im   Zuschauerraum   des   großen   Zirkuszeltes   waren   mittlerweile in   bewährter   Ölsardinentechnik   geschlossen;   gefroren   hat   nun   niemand   mehr. Allerdings   wurde   weniger   Geld   für   Glühstoff   ausgegeben,   denn   zu   den   Tränken gab   es   zwischenzeitlich   kein   Durchkommen   mehr.   Nach   einem   lieblichen   Duett mit   Sockenpuppe   wurde   es   schlussendlich   mit   „All   i   Want   for   Christmas   is   You“ sogar   weihnachtlich   und   ein   Hauch   von   Mariah   Carey   &   Justin   Bieber   pulste besinnlich-rockig im Zelt. Ebenfalls   in   Spiel-   und   Feierlaune   enterten   Fiddler’s   Green    aus   Erlangen   die Bühne.   Fiddler`s   Green   machen   nun   auch   schon   seit   vielen   Jahrzehnten   die Konzertsäle und Open-Air-Festivals mit ihrem „Speed“ - Folk - Rock unsicher. Ralf   „Albi“   Albers   und   seine   Crew   brachten   etwas   traditionellen   irischen   Westwind in   das   Zelt,   türmten   Reggae,   Ska   und   Metal   obendrauf   und   hüpften   mit   dem Publikum   um   die   Wette.   Das   war   routiniert,   tausendmal   erprobt   und   jeder   Schritt natürlich   unzählige   Male   gemacht,   jede   Ansage   oft   wiederholt   und   jede   Note spielte   sich   nach   den   langen   Bühnenjahren   der   Band   fast   von   allein:   Und   doch klang   und   wirkte   das   ganze   frisch,   voller   Leidenschaft   von   der   eigenen   Musik begeistert und das Feiervolk im Zelt begeisternd. Chapeau! Mit   „Bella   Ciao“   und   „Mrs.   McGrath“   ließen   die   Fiddler   die   Feiermeute   eskalieren, bevor   ein   im   Greenpeace-Schlauboot   auf   den   Zuschauern   herumschipperndes Rentier   zu   weihnachtlichen   Klängen   Süßigkeiten   verteilte   und   sich   noch   das   eine oder   andere   hübsche   Sauflied   anschloss.   Fiddler’s   Green   wurden   zurecht   gefeiert und   überzogen   ihre   Zeit   etwas,   bevor   es   in   die   nächste   kurze   Unterbrechung   vor dem Hauptact des Abends ging. Auffallend:    Es    waren    angenehm    kurze    Pausen    zwischen    den    Bandauftritten. Während    auf    anderen    Festivals    halbstundenweise    beim    Zwischensoundcheck geklappert,   rückgekoppelt   und   „einszwoeinszwo“   am   Mikro   zelebriert   wird,   gab man   dem   Publikum   hier   bei   leiser   Hintergrundmucke   ein   Viertelstündchen   Zeit   für den   Toilettengang   und   um   Glühstoff   nachzutanken,   dann   ging   es   auch   schon   mit gutem   Sound   weiter.   Wie   auch   immer   das   technisch   bewerkstelligt   wurde:   Es   war gut und die verantwortlichen Personen dürfen sich gelobt fühlen. Ein   paar   Minuten   über   die   Zeit   (würde   aber   bei   der   Deutschen   Bahn   noch   nicht als   Verspätung   zählen)   enterten   Subway   to   Sally    die   Bühne.   Das   Potsdamer Septett   ist   ja   ohnehin   fest   mit   den   Bühnen   landauf   und   landab   verwachsen   und hat     eine     unfassbar     große,     treue     Fanschar     im     Gefolge:     Die     wenigen Umbesetzungen   im   Bandgefüge   an   den   Drums   oder   der   damalige   Wechsel   von Frau    Schmitt    zu    Ally    Storch    an    der    Geige    sind    nie    zu    Lasten    der    Qualität gegangen,   da   stand   auch   auf   dem   PLWM   eine   spielfreudige   Einheit   auf   der Bühne   mit   unzähligen   textsicheren   und   sangesfreudigen   Freunden   im   Publikum: „Wir gehen neue Wege. Niemals zurück, immer voraus.“ Der   Auftritt   von   Subway   to   Sally   bewegte   sich   ausschließlich   in   der   musikalischen Komfortzone   von   Band   und   Publikum:   Es   wurde   exakt   das   geliefert,   was   bestellt wurde.   Wenn   man   mäkelig   sein   möchte   (aber   wer   will   das   schon),   der   könnte genau   an   dieser   Stelle   auch   den   Schwachpunkt   erkennen,   an   dem   sich   alle miteinander   gemütlich   eingerichtet   haben,   und   zwar   vom   Aufbruch   zu   neuen Ufern   singen,   aber   ihren   musikalischen   Kernkompetenz-Heimathafen   schon   lange gefunden   haben.   Uns   störte   das   nicht   weiter,   ganz   einfach,   weil   Subway   to   Sally nicht   nur   erfolgreich,   sondern   extrem   gut   sind,   in   dem,   was   sie   tun.   Sowohl   aus der   Konserve   genossen   als   auch   frisch,   vitaminreich   und   in   voller   Größe   &   Farbe live   sind   sie   stets   einfach   wunderbar.   Die   stampfenden   Nackenkracher   sind   (wie) für    Eskalationsabende    wie    diesen    in    Dortmund    gemacht    und    die    klugen Rockballaden    nehmen    zum    Verschnaufen    zwar    kurz    den    Druck    aus    dem Konzertkessel, lassen aber kein Fitzelchen Energie entfleuchen. Wann   immer   die   Band   einen   Gang   hochschaltet,   ist   das   Publikum   sofort   wieder auf Touren. Beim    großartigen    Opener    „Schneekönigin“,    fiel    ein    Seifenflockenzeugs    als Schneesurrogat   auf   uns   hernieder   und   stellte   die   versammelten   Pressefotografen im   Bühnengraben   vor   seifig-glitschige   Herausforderungen,   während   sich   kleine „Schneeberge“    auf    den    Kameras    türmen.    Immerhin    wurden    so    Kameras, Fotografen   und   die   ersten   Zuschauerreihen   ordentlich   eingeseift,   das   ersetzt   in der   Weihnachtszeit   das   sonst   anstehende   jährliche   Vollbad   und   spart   Energie.   Es folgten   „Was   Ihr   Wollt“   vom   aktuellen   Werk   „Himmelfahrt“   und   der   Kracher „Leinen   Los“.   Mit   „Alles   Was   Das   Herz   Will“,   „Eisblumen“,   „Auf   Dem   Hügel“   und der   „Henkersbraut“   ging   es   weiter;   erstmals   erklang   der   „Schrei“   im   weiten   Rund und    erschreckte    das    Thekenpersonal.    „Halleluja“,    „Das    Rätsel    II“    (es    durfte wieder   ausgiebig   geschrien   werden),   und   „Ihr   Kriegt   Uns   Nie“,   bei   dem   ein   etwas müder   Circle   Pit   entstand,   folgten.   Das   wunderbare   „Kleid   aus   Rosen“   deutete dann   bereits   auf   das   Finale   hin,   bevor   die   Band   kurz   die   Bühne   verließ,   um   mit dem   nagelneuen   „Eisheilige   Nacht“   zurückzukommen,   gefolgt   von   „Sieben“   und dem „Tanz auf dem Vulkan“. Zum    „Veitstanz“    versammelten    sich    dann    die    Vertreter    aller    Bands    und musizierten   gemeinsam,   bevor   man   sich   mit   einer   letzten   Zugabe   „Julia   Und   Die Räuber“    verabschiedete.    Unser    Ruhrgesichter-Stromgitarren-Fachmann    freute sich   an   den   drückenden   Riffs   und   kernigen   Texten,   an   den   ausschweifenden Balladen   und   den   zurückgenommenen,   stilleren   Momenten,   bevor   es   wieder   mit voller   metallisch   hymnischer   Mitsing-Kraft   voraus   ging:   Hits   hätte   die   Band   nun wahrlich   genug   geschaffen,   um   Metallica-like   eine   ganze   Konzertabend-Reihe   zu bestreiten.    Doch    irgendwann    endet    auch    das    schönste    Festival:    Glücklich taumelte   schlussendlich   das   Publikum   nach   einem   fulminanten   Finale   aus   dem Zelt   hinaus   in   die   Eisheilige   Dortmunder   Kälte   im   matschigen   Fredenbaumpark: Wie   gut   traf   es   sich   da,   dass   der   Glühweinstand   und   allerlei   Leckereien   nur   ein paar Schritte entfernt warteten...