RuhrGesichter Im schwarz-gelben Zelt auf dem Areal der Westfalenhalle in Dortmund verzauberte auch in diesem Jahr die bereits in zwölfter Auflage stattfindende X-Mas-Show des Zirkus Flic Flac das Premierenpublikum.

Flic Flac X-Mas-Show                                                                    

Feurige Weihnachten in Dortmund

Unsere    Ruhrgesichter    Artistik–Beauftragten    hatten    sich    erneut    unter    das Premierenpublikum   geschlichen   und   für   unsere   Leser   einen   Blick   riskiert:   Dass der    Besuch    der    X-Mas-Shows    für    viele    im    Publikum    zur    liebgewonnenen Weihnachts-Tradition   geworden   ist,   wurde   bereits   bei   den   ersten   Gesprächen   im Foyer   deutlich.   Überraschend   viele   Flic   Flac   “Wiederholungstäter”   fanden   sich   ein, labten sich an den angebotenen Köstlichkeiten und nippten am Bierchen. Auch   wir   waren   gespannt,   ob   die   Flic   Flac   Crew   die   im   Vorjahr   doch   erneut   sehr hoch   gelegte   Latte   in   diesem   Jahr   überspringen   würde.   Tatsächlich   -das   können wir    an    dieser    Stelle    vorwegnehmen-    wurde    ein    zauberhaftes    Potpourri    aus internationaler    Spitzenakrobatik    und    wirklich    gelungener    Comedy    präsentiert, garniert   mit   knackiger   Musik   und   etwas   Feuer,   damit   es   im   Ruhrpott-Winter   nicht allzu kalt wird. Dass   abseits   des   dramaturgisch   gut   zusammengestellten   Programms   auch   der Rahmen   bei   Flic   Flac   stets   stimmt,   geht   im   Angesicht   der   Schwerkraft   trotzender Artisten    schnell    unter,    bleibt    aber    erwähnenswert,    weil    es    einfach    nicht selbstverständlich    ist:    Bei    der    Beschallung    wird    den    Publikumsohren    ein knackiger,   glasklarer   Sound   geliefert,   der   auf   der   Heimfahrt   aber   bereits   nicht mehr    weihnachtlich    in    den    Ohren    klingelt;    das    Lichtdesign    ist    durchgehend herausragend,   die   Luft   im   Zelt   ist   gut   (o.k.,   die   Zeiten   von   Kamelfürzen   und Raubtierdompteurangstschweiß   sind   auch   in   anderen   Zirkusarenen   hierzulande weitgehend   vorbei,   aber   im   Flic   Flac   Zelt   kann   sich   das   Publikum   verzaubern lassen,     ohne     ständig     über     „zu     warm-zu     kalt-zu     muffig-zu     unbequem“ nachzudenken.   Allein   bei   den   Mitmachnummern   von   Chantall   hätte   sich   der   eine oder   andere   gerne   unter   dem   Sitz   verkrochen).   Auch   die   Mitarbeiter   rund   um   das Hauptgeschehen   sind   durchgehend   freundlich   und   stressresistent,   großes   Lob   an dieser    Stelle    für    das    Team.    All    dies    ist    alles    bekanntlich    andere    als    ein Selbstläufer   und   fällt   dem   Publikum   meist   erst   dann   auf,   wenn   irgendetwas   nicht funktioniert. Flic    Flac    spielt    mittlerweile    an    sechs    Standorten    gleichzeitig,    ihren    Anfang nahmen   die   anspruchsvollen   X-Mas-Shows   jedoch   vor   zwölf   Jahren   in   Dortmund: Man   merkt   Flic   Flac   an,   dass   sich   die   Abläufe   über   die   Jahre   perfekt   eingespielt haben.   Was gab es denn nun in diesem Jahr in Dortmund zu sehen? Artsiom   Hauyrik    begeisterte   mit   einem   poetischen,   ausdrucksstarken   Auftritt mit   seinem   Cyr-Wheel.   Das   Problem   bei   dieser   Art   von   Performance   ist:   Jeder   im Publikum   hat   ähnliche   Darbietungen   bereits   mehrfach   in   TV   oder   auch   im   Zirkus gesehen;   nun   kann   der   Artist   einen   draufsetzen,   indem   er   den   Auftritt   noch feuriger     inszeniert     oder     versucht,     unerwartete     Elemente     in     den     Ablauf einzufügen.   Letzteres   geht   beim   Cyr   Wheel   allerdings   nur   sehr   begrenzt,   Artsiom Haurik   gelang   es,   diese   Grenzen   erfolgreich   auszureizen.   Fazit:   Großer   Sport, grandios und sympathisch präsentiert. Der   Flic   Flac   Dauergast   Romain   Vicente    brachte   das   Zelt   zum   Erbeben   mit seiner   fulminanten   Schlagzeug   –   Show.   Unter   unseren   Musiker   –   Kollegen   ist „Zirkus-Trommler“   ein   fieses   Schimpfwort,   doch   was   Romain   Vicente   da   zu   den Acts    der    Kollegen    und    bei    seiner    Solonummer    vollbringt,    riss    das    Publikum buchstäblich von den Socken. Magus   Utopia    sorgten   für   magische   Alpträume   auf   höchstem   Horror-Niveau. Großartige   Illusionen,   auch   die   Kinder   im   Publikum   fanden   es   toll.   Unser   sensibler Hochseil-Reporter   vor   Ort   hätte   seinerzeit   in   dem   zarten   Alter   sicherlich   vier Wochen   nicht   geschlafen   und   wäre   traumabedingt   später   Serienkiller   geworden, die   heutigen   Kinder   sind   da   aus   Film-Fernsehen-YouTube   und   Schulhof   ganz anderes    gewohnt;).    Das    Besondere    an    Magus    Utopia:    Da    standen    nicht Bühnenmagier   vor   uns,   die   sich   ein   paar   Halloweenkostüme   aus   der   Garderobe übergeworfen   hatten   und   die   ewig   gleichen   Zaubereien   nun   halt   Horror-Illusionen nannten,   sondern   die   Show   war   frisch,   modern,   rasant,   schockierend   neu   und absolut tödlich. Stark! Was    wir    (und    der    Rest    des    rappelvollen    Flic    Flac    Zeltes    hör-    und    sichtbar ebenfalls)   tausendmal   sehen   können,   war   der   in   diesem   Jahr   endlich   wieder   im Rund    stehende    „Globe    of    Speed“,    in    dem    sich    die    Helldriver     waghalsige Motorradstunts   abverlangen.   Nach   wie   vor   unfassbar.   Allein   für   diese   Nummer lohnt sich der Flic Flac Besuch. Jonathan   Young    überzeugt   an   der   Pole   Stange;   für   den   wirklich   gelungenen Auftritt   galt   im   Wesentlichen   das,   war   wir   über   das   Cyr   Wheel   geschrieben haben:    Die    Möglichkeiten    sind    begrenzt,    garniert    mit    Humor    und    tollen Präsentationsideen   jedoch   ein   echter   Hingucker.   Die   Performance   kam   zurecht sehr   gut   an   und   wir   versuchten   den   Beginn   des   Auftritts   noch   am   Abend   an   einer Straßenlaterne    nachzustellen;    ein    Wunder,    dass    wir    diese    Zeilen    wieder schmerzfrei tippen können. Auch   bei   Christophe   and   Partner    (Trial   &   Freerunner)   kam   ein   Motorrad   zum Einsatz,   für   uns   das   heimliche   Highlight   des   gesamten   Abends:   Großartig   und wild.   Li   Zhenyu    vollbrachte   beeindruckende   Handstandakrobatik   und   Donial Kalex    jonglierte   grandios.   Publikumsliebling   Alan   Silva    (Strapaten)   und   LIFT   (Lift Voltige) rundeten das fulminante Programm ab. Bei   den   Nummern   funktionierte   nicht   alles,   einiges   ging   geplant   schief,   anderes ungeplant: Auch das gehört zum Zauber echter Live – Unterhaltung. Durch   das   Programm   führte   die   manchmal   hinreißende,   oft   auch   mitreißende, aufreißende,   wegreißende   und   abreißende   Chantall ,   die   mithilfe   von   einer   völlig freiwilligen   Person   aus   dem   Publikum   die   Lacher   all   jener   auf   ihrer   Seite   hatte, die   froh   waren,   dass   es   sie   diesmal   nicht   getroffen   hat.   Tatsächlich   war   das rasend   komisch,   zumal   Chantall   eben   nicht   nur   lustig   ist,   sondern   zahlreiche weitere   Talente   mit   ins   Flic   Flac   Zelt   brachte.   Warum   es   bei   ihr   kein   Problem   ist, wenn     sie     einem     Zuschauer     auf     den     Hintern     „klatscht“,     bei     anderen Geschlechtsvorzeichen   jedoch   mutmaßlich   ein   mittlerer   Weltuntergang   wäre,   darf gern anderswo diskutiert werden. Das   Duo   Avital    trotzte   mit   unfassbarer   Körperbeherrschung   den   Gesetzen   der Schwerkraft am Trapez: Ein Traum unter der Zeltkuppel. Die   Puyang   Truppe    betätigten   sich   als   Sportcar   Runners:   Um,   auf   und   unter einem   gelben   Sportwagen   zeigten   zehn   Artisten   ihre   actiongeladenen   Stunts.   Das war rasant, begeisternd und frisch inszeniert. Klasse! Wo   bleibt   denn   nun   die   typische   vernichtende   Kritik   der   Ruhrgesichter-Miesepeter und   -Besserwisser   oder   gab   es   tatsächlich   nichts   auszusetzen   an   der   diesjährigen Flic   Flac   Edition?   Im   Regelfall   finden   wir   bei   jeder   Veranstaltung   etwas,   dass   uns massiv   stört;   das   war   bei   der   zwölften   Flic   Flac   X-Mas-Show   jedoch   nicht   der   Fall. Natürlich   konnten   uns   die   Artisten   unterschiedlich   stark   begeistern,   das   ist   zum einen   Geschmackssache,   zum   anderen   schon   auch   eine   Frage   unterschiedlicher Qualität,   die   aber   im   Flic   Flac   -   Gesamtpaket   nicht   geeignet   ist,   den   Genuss   zu schmälern.   Auch   ein   paar   sehr   flache   Witzchen   und   Kommentare   verpufften zurecht    im    Rund,    das    störte    aber    nicht    weiter    angesichts    der    fantastischen Leistung der Akteure. Was   wir   tatsächlich   verbesserungswürdig   finden:   Die   Acts,   das   Herzstück   der Shows,   sind   zum   Beispiel   auf   der   Flic   Flac   Website   deutlich   unterrepräsentiert; der   Besucher   erfährt   also   im   Vorfeld   und   auch   am   Abend   selbst   nichts   bis   wenig über   die   Künstler.   Dieser   Kritikpunkt   ist   uns   tatsächlich   im   Vorjahr   und   auch dieses Mal mehrfach bei Gesprächen mit anderen Besuchern genannt worden. Fazit :    Das    begeisterungsfähige,    gute    Publikum    in    Dortmund    erlebte    einen fulminanten   Abend   und   auch   wir   können   den   Besuch   uneingeschränkt   empfehlen und   bleiben   nur   knapp   unter   einem   Besuchsbefehl   an   unsere   werte   Leserschaft. Wer   das   Spektakel   in   diesem   Winter   noch   erleben   möchte,   der   hat   noch   bis   zum 07.01.2024   die   Gelegenheit   dazu.   Es   lohnt   sich,   es   warten   zweieinhalb   Stunden beste Unterhaltung. Tickets und alle aktuellen Informationen unter: www.flicflac-dortmund.de