RuhrGesichter Als wir uns zum Sauerland Theater in Arnsberg aufmachten, um über die fleißig tourende Trommelshow Kokubu zu berichten, waren wir zugegeben unsicher, ob noch so kunstvolles Trommeln tatsächlich ausreichen würde, um über einen ganzen zweistündigen Konzertabend zu unterhalten, ohne dass irgendwann zwar die Ohren klingeln, sich aber die Langeweile doch auf leisen Sohlen ins Gemüt schleicht. Doch so viel können wir schon jetzt verraten: Diese Befürchtung erwies sich als völlig unbegründet und wurde bereits in den ersten Minuten der Show ausgeräumt.

Kokubu                                                                    

The Drums of Japan

Allerdings:    Wie    bei    mehr    als    der    Hälfte    der    Veranstaltungen,    über    die    wir berichten,   würde   das   Gesamterlebnis   durch   eine   gewisse,   moderate   Straffung keinen    Schaden    nehmen    (dies    mag    aber    auch    daran    liegen,    dass    die Aufmerksamkeitsspanne    unseres    Reporters    vor    Ort    durch    jahrelangen    Social Media   Konsum   mittlerweile   bedenklich   gelitten   hat).   Denn   was   das   vielköpfige Ensemble   auf   die   Bühne   des   Sauerland   Theaters   in   Arnsberg   brachte,   zog   die Zuschauer   und   auch   uns   Ruhrgesichter   sofort   in   den   Bann.   Voller   Spielfreude wurde   die   Bühne   derart   gerockt,   dass   wir   sicher   sind,   dass   Kokubu   auch   in Wacken   begeistert   gefeiert   würde.   Vielleicht   nehmen   sich   Holger   Hübner   und Thomas Jensen der Sache mal an. Das    Ensemble    aus    Osaka/Japan    wurde    1998    von    Shakuhachi-Meister    Chiaki Toyama   gegründet   und   tourt   seit   über   einem   Jahrzehnt   durch   die   Welt.   Der musikalische   Leiter   Chiaki   Toyama   zeichnet   sich   auch   für   die   Komposition   der ausgezeichneten   eigenen   Werke   des   Ensembles   verantwortlich   und   für   das   kluge Arrangement der traditionellen Lieder. In   Japan   betreibt   "Kokubu"   ein   musikalisches   Ausbildungszentrum.   Bereits   nach dem   ersten   Blick   auf   die   meist   recht   jungen   Trommler   (mutmaßlich   neben   Herrn Toyama   nur   mit   einer   weiteren   Ausnahme   allesamt   deutlich   unter   dreißig   Jahre alt)   auf   der   Arnsberger   Bühne   wurde   klar,   dass   ganz   offenbar   neben   der   Musik auch    viel    Krafttraining    auf    dem    Programm    im    Ko(=Trommel)-Ku(=Schrei)- Bu(=Tanz) - Ausbildungszentrum steht. Neben   den   technischen   und   körperlichen   Fähigkeiten,   steht   lt.   Chiaki   Toyama auch   die   Ausbildung   der   geistig   –   spirituellen   Sensibilität   auf   dem   Stundenplan. Die   auffälligsten   Musiker   dürfen   dann   mit   auf   große   Auslandstourneen   und   die Sitzreihen    in    den    Konzertsälen    samt    Publikum    unter    den    Trommelschlägen erbeben   lassen.   Für   den   hierzu   erforderlichen   Wumms   sorgte   die   große,   extra   für Kokubu   angefertigte,   donnernde   O-Daiko-Trommel,   die   wie   jedes   Element   der Show   durch   dezentes,   aber   gutes   Licht   passend   in   Szene   gesetzt   wurde,   was zum   Gesamteindruck   beitrug,   dass   man   auch   über   die   klanglichen   Elemente hinaus   hart   und   diszipliniert   an   der   größtmöglichen   Perfektion   getüftelt   hat.   Dazu gehörten    auch    die        uniformen    Kimonos    der    Musiker    und    eine    lebensfrohe Choreographie auf der Bühne, die nur ganz selten etwas zu aufgesetzt wirkte. Zwischen   artistischem   Rhythmussturm   auf   den   Trommeln   mit   unterschiedlichsten Bespannungen   und   Durchmessern   auf   der   einen   und   zarten   Bambusflötentönen und   der   Koto   (japanische   dreizehnsaitige   Wölbbrettzither)   auf   der   anderen   Seite entfaltete   sich   ein   beeindruckender,   hypnotischer   Klangkosmos.   Der   Nachweis, dass    nicht    nur    unser    verwöhnter    Kritiker    den    Abend    im    Sauerland    Theater genossen   hat,   sondern   auch   die   anderen   Besucher,   kann   sehr   einfach   geführt werden:   Nach   einer   kurzen   fünfzehn   minütigen   (Verschnauf-)Pause   fand   sich   das Publikum wieder vollständig auf den Plätzen ein. Spektakulär     war,     mit     welcher     Selbstverständlichkeit     ein     ausgewogenes Gleichgewicht   zwischen   den   Trommlern   (unermüdlich,   wahrscheinlich   liefen   die Schlagwerker   auf   Duracell)   und   den   verzaubernden   Flötenklängen   beibehalten wurde.   Das   Donnern   der   großen   Röhrentrommeln   (Taikos)   war   sicherlich   weit über die Mauern des Theaters hinaus zu hören. Auch   in   den   weichen   Klang   der   Shakuhachi   konnte   sich   das   Publikum   fallen lassen:   Das   Spiel   der   Flöten   war   weit   mehr   als   nur   eine   musikalisch   untermalte Erholungspause     von     der     Trommelei,     sondern     ein     echter     künstlerischer Kontrapunkt mit hoher Virtuosität. Hilfreich   waren   auch   die   zusätzlichen   kurzen   Erläuterungen   durch   einen   Sprecher aus   dem   Off,   der   interessantes   zu   Geschichte   und   Symbolik   der   Musikstücke erzählte,   die   lyrische   Namen   wie   zum   Beispiel   „Mitsuya“   (Drei   Pfeile),   Kouryu (Weg    des    Gedeihens)    oder    Hayabusa    (Verneigung    vor    dem    Wanderfalken) trugen. Die   knapp   vierhundert   Besucher   im   Sauerland   Theater   sorgten   für   lange   Standing Ovations,   die   sich   das   Ensemble   an   diesem   bemerkenswerten   Abend   redlich erspielt   und   verdient   hatte.   Eine   sehr   ausgiebige   Zugabe   rundete   schließlich diesen     besonderen,     gut     zweistündigen     (plus     fünfzehn     Minuten     Pause) Konzertabend   ab.   Das   war   eine   überraschende,   lehrreiche,   atemberaubende, spannende Japan - Reise und eine Feier von Kraft, Kondition & Disziplin!