RuhrGesichter Nachdem die legendäre Formation CLANNAD sich mit bemerkenswerten Abschiedskonzerten in den verdienten -wenn auch als Fan schwer zu akzeptierenden- Ruhestand verabschiedete, hat die prägende Stimme von CLANNAD, die Harfenistin und Sängerin Moya Brennan, offenbar weiterhin Lust auf Musik und ausgedehnte Konzertreisen.

Moya Brennan                                                          

“The First Lady of Celtic Music” live in Bochum

Die     Besetzung     der     Band     CLANNAD     rekrutierte     sich     ausschließlich     aus Familienmitgliedern,   ihre   kleine   Schwester   Eithne   Pádraigín   Ní   Bhraonáin   startete nach     dem     Verlassen     von     CLANNAD     eine     große     Karriere     als     Schmuse- Vorweihnachtsalben-Weltstar   ENYA.   Und   familiär   soll   es   in   der   Christuskirche   in Bochum auch bei diesem Konzert zugehen. Zunächst   erfreut   uns   als   Support   Ashley   Davis    aus   Kansas   ein   knappes   halbes Stündchen.    Tolle,    warme    Stimme,    zauberhafte    Songs    und    zwischendurch augenzwinkernd-unterhaltsame Heldengeschichten über sich selbst: Klasse. Kaum    sind    die    letzten    Töne    verklungen,    betritt    die    Begleitband    von    Moya Brennan    die   Bühne   und   wird   mit   freundlichem   Applaus   empfangen.   Dieser   wird nochmal   deutlich   leidenschaftlicher   als   die   „First   Lady   of   Celtic   Music“   die   Bühne betritt   und   „River   of   Songs“   und   „The   Countess“   erklingen.   Beeindruckend,   in welches   andächtige   Staunen   das   Publikum   dann   bereits   nach   wenigen   Takten verfällt.   Wie   schön,   dass   diese   Musik   auch   im   Jahre   2024   noch   ihre   Freunde findet. Tatsächlich    gelingt    es    Moya    Brennan    oder    eigentlich:    Máire    Philomena    Bhraonáin   in   der   gut   gefüllten   Kirche   mit   zahlreichen   Besuchern,   die   zu   einem bemerkenswerten   Teil   zumindest   theoretisch   Moya   Brennan   mit   Clannad   auch schon    vor    dreißig    oder    vierzig    Jahren    live    gesehen    haben    könnten,    eine harmonische,   familiäre   Atmosphäre   zu   erschaffen;   irgendwie   darf   sich   jeder   in     der Bochumer Christuskirche für zwei Stunden temporär adoptiert fühlen. Zwischen   Clannad-Klassikern,   irischen   Traditionals   und   einer   Auswahl   aus   der reichhaltigen   Solo   Karriere,   die   bereits   1992   mit   ihrem   ersten   Album   „Máire“ begann   und   über   die   Jahre   mit   vielen   Veröffentlichungen   und   Konzerten   gepflegt wurde,   wird   in   Bochum   tanzbares   ebenso   geboten,   wie   romantisches,   spirituelles, sakrales,   das   einfach   prima   in   eine   Kirche   als   Konzertlocation   passt.   Zur   familiär entspannten     Atmosphäre     passen     auch     die     ausgiebigen     Ansagen     und unterhaltsamen   Erläuterungen   von   Moya   zu   den   einzelnen   Songs.   Die   gewollt nüchterne   Christuskirche   Bochum   mit   ihrem   interessanten   Konzept   wird   bis   in den   letzten   Winkel   mit   „irischer   Wärme“   erfüllt.   Auch,   wenn   die   zauberhafte Stimme   Moyas   schweigt   und   Instrumentalpassagen   die   Kirche   erfüllen,   sind   das keine   Lückenfüller,   sondern   kleine   glitzernde   Schätze,   die   aber   dennoch   von   den Songs,   bei   denen   „eine   der   großartigsten   Stimmen,   die   das   menschliche   Ohr   je gehört   hat“   (Bono   von   U2   über   Moyas   Gesang)   erklingt,   golden   überstrahlt werden. Einen   Grund   für   den   Zauber,   den   Moyas   Musik   verströmt,   hat   sie   einmal   in   einem Interview   der   Harfe   zugeschrieben:   „Die   Harfe   repräsentiert   Güte,   Gerechtigkeit. Ehre,   Wahrheit,   Frieden.   Die   alten   irischen   Könige   glaubten   an   all   diese   Tugenden und   Werte.   Die   Harfe   steht   als   Symbol   für   all   das   (…).   Wir   leben   in   einer   so harten   und   rauen   Welt.   Die   Menschen   sehnen   sich   nach   diesen   Werten   und   sie suchen   sie   in   der   Spiritualität.   Diese   Spiritualität   transportiere   ich   durch   meine Musik.   Das   ist   typisch   für   uns   Iren.   Unsere   Musik   ist   angefüllt   mit   Spiritualität.   Ich bin   davon   überzeugt,   dass   dies   auch   der   Grund   dafür   ist,   dass   sie   so   lange überleben konnte." Tatsächlich   ist   es   jedoch   auch   der   stabilen,   technisch   versierten   Begleitband zuzuschreiben,   dass   Moya   Brennan   in   Bochum   brillieren   kann:   Die   Instrumente lassen   sich   Raum,   erzeugen   Wucht,   wenn   vonnöten   und   umrahmen   dann   wieder verträumt   und   melancholisch   die   Stille;   das   Ganze   wird   in   für   Kirchenverhältnisse     kristallklarem Klang zu Gehör gebracht. Allerdings   gibt   es   an   diesem   Abend   auch   zu   keinem   Zeitpunkt   Zweifel   daran,   dass sich   hier   eine   Solo-Künstlerin   mit   ihrer   guten,   aber   nahezu   ausschließlich   im Hintergrund   agierenden   Begleitband   die   Ehre   gibt.   Moya   Brennan   ist   es,   die   den Abend    „tragen“    muss;    vor    allem    bei    den    schnelleren,    lebendigeren    Stücken springt   der   Funke   daher   nicht   so   leicht   ins   Publikum   über.   Das   größte   Problem   bei dieser   in   größter   Perfektion   dargebotenen,   traumhaften   Musik   der   Künstlerin   ist, dass   sich   erkennbar   (mutmaßlich)   bei   vielen   Besuchern   „innere   Fenster“   öffnen, sie   in   den   Kirchenbänken   versinken   und   sich   nach   Irland   oder   sonst   wohin träumen;   das   Publikum   ist   oftmals   ganz   bei   sich   und   auch   das   eine   oder   andere Tränchen   wird   gesichtet;   ein   zumindest   im   ersten   Konzertteil   gelegentlich   etwas verhaltener   Applaus   ist   in   diesem   Fall   jedoch   kein   Zeichen   für   Desinteresse   am Dargebotenen,   sondern   ein   sicheres   Zeichen   für   Wirkungstreffer   durch   diese zeitlosen   Klänge   zwischen   Himmel   und   Erde.   Vor   der   Pause   darf   das   Publikum   bei „Lord   oft   the   Dance“   kräftig   mitsingen,   was   auch   den   letzten   aufweckt.   Unter vielen   musikalischen   Highlights   gibt   es   natürlich   auch   bei   Moya   -   Konzerten Songs,   auf   die   das   Publikum   wartet:   So   sind   „In   a   Lifetime“   und   „I   will   find   you“ definitiv   Höhepunkte   des   Abends,   bei   „Two   Sisters“   unterstützt   Ashley,   bevor   mit „Against   the   Wind“   ein   für   Moya-Verhältnisse   „wilderer“   Song   den   Abend   offiziell beendet, bevor die Musiker sich zur Zugabe bitten lassen. Wir   Ruhrgesichter   danken   jedenfalls   für   diesen   wundervollen   Abend   mit   Moya Brennan   in   der   Christuskirche,   haben   die   gesamte   Rückfahrt   einen   Mix   aus   ihren Solostücken   und   Clannad   -   Klassikern   auf   den   Ohren,   um   den   Abend   schließlich mit   einem   (?   ;-))   kalten   Guinness   und   Blick   auf   die   nächtlichen   Sauerländer Mountains   zu   beenden;   nachdem   wir   uns   daran   erinnerten,   dass   wir   seit   dem letzten   Irland   Aufenthalt   noch   irgendwo   eine   Tin   Whistle   rumliegen   haben,   die wir   sehr   zur   Freude   unserer   Nachbarn   jedoch   nicht   wiederfinden   konnten.   Wer die   Chance   hat,   Moya   Brennan   mit   ihrer   zauberhaften   Musik   live   zu   erleben: Nutzt die Gelegenheit; es lohnt sich.