Tokio Hotel
Discokugel, Achterbahn & gute Musik
Die
ursprünglich
aus
Magdeburg
stammende
Band
Tokio
Hotel
gehört
zu
den
kommerziell
erfolgreichsten
deutschen
Bands;
2005
begann
mit
ihrer
ersten
Single
„Durch
den
Monsun“
ein
rasanter
Aufstieg
auf
den
Gipfel
des
Ruhm-
Olymps.
Stets
mit
dabei:
Zahlreiche
kreischende
Faninnen
und
ein
paar
Fans
gab
es auch.
Abseits
des
Tokio
Hotel
Hypes
gab
es
von
Beginn
an
viele
Hater
und
Kritiker,
die
teils
beanstandeten,
dass
die
Band
zunächst
den
Großteil
ihrer
Songs
nicht
selbst
schreiben
würde,
andere
wollten
auch
einfach
nur
ihre
Freundinnen
wieder
zurückhaben.
Nachdem
der
Band
aber
Hater
und
Lover
zu
sehr
auf
die
Pelle
rückten
-inklusive
einem
Einbruch
in
ihre
Hamburger
Villa
durch
„Fans“-
und
anderen
unschönen
Vorkommnissen,
verzogen
sich
Bill
und
Tom
Kaulitz
2010
Richtung
Los
Angeles,
wo
dann
auch
Heidi,
Hans
und
Franz
irgendwann
warteten.
Wir
geben
es
zu:
„Durch
den
Monsun“
fanden
wir
damals
„ganz
nett,
aber
belanglos“,
staunten
etwas
über
das
Verhalten
der
weiblichen
Hälfte
des
Landes,
zuckten
mit
den
Schultern,
hörten
lieber
das
frisch
erschienene,
unglaublich
gute
Album
„Hypnotize“
von
System
of
a
Down
und
kümmerten
uns
nicht
weiter
um
das Phänomen aus Magdeburg.
Als
wir
nun
gestern
unsere
Fototasche
packten,
bekamen
wir
zuhause
zu
hören:
„Hä?
Tokio
Hotel?
War
das
nicht
1990
oder
so?
Die
haben
doch
seit
Jahrzehnten
keine
Gitarre
mehr
angepackt
und
treiben
sich
nur
noch
mit
Heidi
Klum
rum,
oder?“
Dies
galt
es
herauszufinden
und
so
fanden
wir
uns
auf
dem
weitläufigen
Gelände
des
ZfR
ein.
Weit
vor
dem
offiziellen
Einlass
irritierte
uns
ein
Geräusch,
wie
von
einer
Achterbahn
oder
Geisterbahn
aus
dem
Zelt.
Doch
weder
ein
Indoorfahrgeschäft
hatte
eröffnet,
noch
begeisterte
Zauberer
Kris
die
Kids,
sondern
es
waren
rund
150
VIP-Fans
beim
Soundcheck
von
Tokio
Hotel.
Irgendjemand
vermutete,
dass
sie
dafür
ein
Jahresgehalt
hinblättern
mussten.
Wir
wissen
es
nicht,
sondern
lauschten
weiter
den
Metallsägelauten
der
auserwählten
Fans
im
Zelt
und
spazierten
(wieder
einmal)
mit
einem
Flammlachswrap
(ja,
es
ist
Liebe)
an
der
ewig
langen,
aber
gut
gelaunten
Menschenschlange
vor
dem
Zelt
vorbei.
Was
auffiel:
Einige
der
Fans
vor
dem
Zelt
waren
2005,
als
mit
„Durch
den
Monsun“
das
Phänomen
Tokio
Hotel
losbrach,
kaum
geboren;
insgesamt
war
der
Altersschnitt
überraschend
jung
und
sogar
aus
Italien und Island waren Fans angereist.
Die
Pforten
öffneten
sich
und
wir
fanden
uns
mit
erwartungsvoll
ausharrenden
Fans
der
ersten
und
einiger
anderer
Stunden
im
restlos
ausverkauften
Zelt
ein,
erwarteten
eine
Kreischorgie
(wir
wurden
nicht
enttäuscht),
unsere
Erwartung
an
das
Konzert
war
zugegeben
recht
niedrig
(hier
wurden
wir
enttäuscht,
die
Band
lieferte
wirklich
ab).
Das
ist
das
Schöne
am
Dasein
als
Kritiker
(Synonym
für
„Klugscheißer“): Es gibt immer wieder auch positive Überraschungen.
Als
Tokio
Hotel
gegen
20:15
auf
die
Bühne
stürmte,
gab
es
im
Zelt
kein
Halten
mehr;
wir
freuten
uns
über
unseren
Gehörschutz
und
fragten
uns
kurz,
ob
man
die
Musik
der
Band
in
den
Jahren
nach
2005
überhaupt
gehört
hat
bei
den
Konzerten
oder
alles
in
wildem
Teenager
–
Gekreische
unterging.
Trotz
der
zunächst
kühlen
und
guten
Luft
im
Zelt,
kollabierten
doch
diverse
Mädels;
als
Ursache kommen ausschließlich der Klimawandel oder das Tom/Bill Duo in Frage.
Der
Sound
klang
rockig
und
satt,
es
begann
eine
musikalische
Reise
durch
die
Bandgeschichte,
auf
der
sich
die
Musik
der
Band
immer
weiter
von
gitarrenlastigem
Sound
zu
sonnigem
Elektropop
entwickelte.
Hinter
den
Musikern
erstrahlte
ein
güldenes
Banner
mit
dem
Bandlogo.
Da
das
Gastspiel
beim
Zeltfestival
das
letzte
Konzert
im
Jahr
2023
sein
sollte,
kann
im
Anschluss
aus
dem
goldenen
Glitzerstoff
noch
reichlich
Lametta
für
stimmungsvolle
Weihnachtstage gehäckselt werden.
Zahlreiche
Fans
hatten
Schilder
gemalt,
beklebt,
mit
LEDs
versehen
und
sich
wirklich
viel
Mühe
gemacht;
zum
Beispiel
auch
Dilara,
die
am
Konzerttag
ihren
Geburtstag
feierte;
wir
sagen
nochmals:
Glückwunsch!
...
und
danke,
dass
auch
sie
uns
beim
Identifizieren
der
gespielten
Titel
geholfen
hat
(denn
außer
„Durch
den Monsun“ kannten wir tatsächlich keinen Song).
Neben
Blumen,
Kuscheltieren
und
allerhand
anderem
Kram
landete
auch
ein
Smartphone
auf
der
Bühne,
das
Bill
artig
entgegennahm
und
–nein,
nicht
einsteckte-
ein
Foto
von
der
vermuteten
Werferin
im
Publikum
machte.
Die
hätte
es
wahrscheinlich
noch
schöner
gefunden,
wenn
„ihr“
Bill
mit
auf
dem
Foto
gewesen wäre.
Zurück
zur
Musik:
Es
war
rockig
und
laut,
Tom
Kaulitz
gab
immer
mal
wieder
den
Rocker,
während
Bill
den
Cowboy
gab,
der
seine
Rinderherden
ausschließlich
über
den
CSD
trieb.
Bill
Kaulitz
war
gesanglich
sattelfest
und
konnte
uns
stimmlich
auch
als
neutrale
Kritiker
überzeugen,
auch
wenn
sich
seine
Stimme
seit
2005
deutlichst
verändert
hat.
Die
Outfitwechsel,
welche
sich
optisch
immer
mehr
einer
outfitgewordenen
Discokugel
annäherten,
hätte
es
für
uns
jetzt
nicht
zwingend
gebraucht,
aber
bei
der
Zielgruppe
im
Zelt
kam
es
gut
an
und
um
die
ging
es
schließlich.
Definitiv
landete
der
Glamourfaktor
bei
10
von
10
Punkten.
Die
Fans
feierten
mit
ihren
Helden,
sangen
textsicher
alles
mit;
es
herrschte
eine
richtig
gute,
ausgelassene
Stimmung.
Die
Musik
wirkte
als
Glücklichmacher,
alle
sprangen
wild
herum.
Zu
„Spring
nicht“
aus
dem
Jahr
2007
hingegen
sprang
niemand, es wurde andächtig gelauscht und im Publikum flossen die Tränen.
Bill
und
Tom
sahen
zwar
aus,
wie
die
Superstars,
die
sie
nun
mal
sind
(wie
lange
war
Bill
für
seine
Haare
in
der
Garderobe?),
gaben
sich
aber
fan
nah
und
Bill
plauderte
zwischen
den
Songs
locker
drauflos.
Auch
Schlagzeuger
Gustav
Schäfer
und
Bassist
Georg
Listing
waren
auf
der
Bühne
natürlich
mit
von
der
Partie
und
erledigten
ihren
Job
grundsolide,
das
Konzert
geriet
allerdings
eindeutig
zu
einer
Bill & Tom Show zwischen Paradiesvogel und nice guy von nebenan.
Die
pure
Nostalgie
und
Publikumsemotionen
erfüllten
das
Zelt,
das
Publikum
schwelgte
in
vergangenen
Zeiten
und
feierte
die
gemeinsame
(Lebens-)
Geschichte
mit
der
Band,
die
Band
selbst
erfreute
sich
erkennbar
am
Moment
und
in
der
Hoffnung
auf
das,
was
da
noch
kommen
kann.
Das
knackige
„White
Lies“
kam
bombastisch
an,
„Girl
got
a
Gun“,
„Fahr
mit
mir“,
„Schwarz“,
„Automatic“
und
„World
behind
my
Wall“
entfalteten
sich
über
der
entzückten
Fanschar.
„Love
who
Loves
you
Back“
passte
denn
auch
thematisch
zu
Bills
Outfit.
Tatsächlich
war
der
Song
musikalisch
nicht
ganz
das,
was
der
Verfasser
dieser
Zeilen
auf
dem
Heimweg
im
Auto
hören
würde,
aber
ein
richtig
gut
gemachtes
Stück
Popmusik.
Der
Mix
aus
alt
und
neu,
deutschen
und
englischen
Texten,
die
gesanglichen
Qualitäten
der
„Rampensau“
Bill
und
das
solide
Musikhandwerk
der
Band:
Das
war
schon
grandios.
Der
ganze
Konzertabend
wurde
durch
die
versierte
Band
im
Zusammenspiel
mit
dem
leidenschaftlichen
Publikum
zu
einem
glanzvollen
Beispiel
dafür,
welch
einzigartige,
kostbare
Momente
Live
Konzerte
kreieren
können
und
dabei
mit
ihrer
Wucht
auch
eigentlich neutrale Zuhörer mitreißen.
Dass
die
Konfettikanonen
nicht
zündeten,
war
den
Anwesenden
reichlich
egal,
immerhin gab es keine technischen Probleme wie beim Deichbrand Festival.
Bleiben zwei offene Fragen.
Erstens:
Warum
waren
es
nur
3499
begeisterte
Besucher
im
Zelt
und
nicht
3500?
Antwort:
Da
ein
Mann
in
unserer
zeitweiligen
Nähe
durchgehend
über
die
Outfits,
die
Ansagen,
die
Musik
gemeckert
hat,
haben
wir
ihn
von
der
Gesamtfan-Zahl
abgezogen.
Wem
er
das
alles
erzählt
hat,
blieb
ein
Mysterium,
wir
konnten
keine
Begleiter
ausmachen.
Warum
er
sich
ein
Ticket
gekauft
hat
für
eine
Band,
die
er
offenbar
schon
immer
blöd
fand,
wurde
ebenfalls
nicht
klar.
Unsere
Theorie:
Seine
große
Flamme
ist
2005
nach
einem
Konzert
Richtung
Tokio
ins
Hotel
gelaufen;
das
hat
er
der
Band
nie
verziehen
und
wahrscheinlich
vor
dem
Konzert
noch schnell das Auto von Tom zerkratzt.
Und zweitens: Hat die Band „Durch den Monsun“ gar nicht gespielt?
Antwort:
Doch,
hat
sie,
im
Zugabenteil.
In
einer
schicken
neuen
Version,
die
auch
uns
gut
gefiel.
Zuvor
kam
noch
„Fahr
mit
mir“,
zum
Abschluss
erklang
„Runaway“.
Schlussendlich
bedankte
sich
die
Band
gegen
21:45
Uhr
beim
Publikum
und
die
Fans
dankten
der
Band.
Wir
dankten
mit
und
sahen,
wie
stolz
die
eine
oder
andere
Besucherin
ihre
Beute
in
Form
eines
aufgefangenen
Drumsticks
oder
Handtuchs
aus
dem
Zelt
trug,
um
die
nächsten
Wochen
daran
zu
schnüffeln.
Schön.
Fazit:
Ein
gelungenes
Konzert
einer
erwachsen
gewordenen
Band
mit
ebenso
gereifter,
weiterentwickelter
Musik
vor
grenzenlos
abgehendem
Publikum.
Die
vorgenannten
Zutaten
ergaben
nach
Adam
Riese
und
Paul
Bocuse
in
der
Addition: Einen richtig gelungenen Abend.