RuhrGesichter

Torsten   

Sträter   

besuchte   

uns   

(und   

ein   

paar   

tausend   

andere

Besucher  

:))  

in  

der  

rappelvollen  

Dortmunder  

Westfalenhalle  

zu

dem  

wohl  

größten  

Auftritt  

seiner  

Karriere.  

Bislang.  

Steigerung

ist ja künftig stets möglich, nebenan steht ja noch ein Stadion. 

TORSTEN STRÄTER                      

Schnee, der auf Ceran fällt

Um    nun    aber    direkt    im    egomanischen    Selbstbezug    rumzuheulen    und    vom    Künstler abzulenken: Wir Kritiker haben es nicht leicht. Es   ist   bei   Konzertkritiken   ja   schon   einigermaßen   schwer,   den   armen   Menschen,   die   nicht live    zugegen    waren    mitzuteilen,    wie    es    war.    Immerhin    kommt    kein    Kritiker    in    die Versuchung,   seinen   Lesern   etwas   vom   Konzertabend   vorzusingen.   Das   ist   bei   Auftritten   von Comedians   leider   anders,   kaum   eine   Programmkritik   kommt   ohne   nacherzählte   Lustigkeiten aus.   Auch   unser   Beitrag   nicht.   Das   ist   einigermaßen   furchtbar.   Offenbar   ist   Torsten   Sträter jedoch einer, der viel ertragen kann. Aber   was   soll   man   sonst   schreiben?   Wie   der   Künstler   gekleidet   war?   Wollmütze.   Und ausreichend   weitere   Kleidungsstücke,   um   keinen   Aufruhr   zu   erregen,   aber   irgendwie   doch keiner   weiteren   Beschreibung   wert.   Wie   lange   der   Auftritt   gedauert   hat?   Satte   2   Stunden. Ob   die   Leute   gelacht   haben?   Sicher.   Viel.   Sollten   Sie,   sobald   sich   eine   Gelegenheit   bietet, einen   Auftritt   von   Torsten   Sträter   besuchen?   Unbedingt.   Denn   das,   was   häppchenweise portioniert   im   Fernsehen   schon   gut   ist,   wird   in   einem   abendfüllenden   Programm   sogar   noch besser.   Das   Publikum   könnte   dem   Mann   mit   der   markanten   Stimme   und   den   großartigen Geschichten,   zwischen   denen   er   immer   wieder   meilenweit   abschweift,   noch   Stunden   länger zuhören.   Und   man   bekommt   zwangsläufig   den   Eindruck,   dass   der   Mann   mit   der   Mütze   auch noch   Stunden   länger   erzählen   könnte.   Sträter   selbst   kündigte   sein   drittes   Programm: „Schnee,   der   auf   Ceran   fällt“   wie   folgt   an:   „Ich   bringe   ganz   frische   Geschichten   mit,   nichts, was   Sie   vorab   schon   aus   dem   TV   kennen,   und   zwischendurch   erzähle   ich   Ihnen,   was   sonst noch    war.    Eine    Führung    durch    die    ganze    Welt    der    Idiotie,    die    Einsicht,    dass    nichts menschlicher   ist   als   das   Missgeschick,   seltsame   Berichte   vom   Rand   der   schiefen   Ebene, dann   ergänze   ich   den   Abend   noch   mit   Schilderungen,   die   ich   mir   auf   gar   keinen   Fall verkneifen   kann,   mache   den   Sack   zum   Ende   hin   mit   einer   sehr   guten   Geschichte   zu,   und wenn   Sie   dann   noch   können,   hagelts   Zugaben.   Ein   seriöses   Konzept.   Und   ich   gelobe,   es sehr   lustig   zu   gestalten.   Und   mich   so   gut   zu   amüsieren   wie   Sie.   Klingt   erstmal   ein   bisschen krude. Wird aber verhältnismäßig überwältigend.“ Dieses   „seriöse   Konzept“   war   tatsächlich   überwältigend:   Nachdem   2020   und   2021   aus unserem   Besuch   bei   Herrn   Sträter   nichts   wurde,   da   aus   bekannten   Gründen   seine   Shows beim      Zeltfestival      Ruhr      ausfallen      mussten,      warf      ihn      beim      ZfR      2022      eine Stimmbandentzündung   aus   geordneten   Tourbahnen.   Umso   schöner,   dass   es   Torsten   Sträter nun   gelang,   in   der   Westfalenhalle   einen   bunten,   kurzweiligen   und   gemütlichen   Abend   zu gestalten.   Nur   ganz   selten   waren   seine   Berichte   „vom   Rand   der   schiefen   Ebene“   erkennbar geeigneter   für   kleinere   Locations   und   verloren   sich   etwas   im   weiten   Rund   der   Halle.   Der Abend   begann   durchaus   schwierig,   da   viele   Besucher   zum   für   20   Uhr   angekündigten Beginn   noch   im   Stau   standen;   irgendwann   erbarmte   sich   der   Meister   mit   der   Mütze, schlenderte   mit   Kaffeetasse   auf   die   Bühne,   witzelte   über   die   aberwitzige   Parkgebühr   von   8 Euro,   kommentierte   die   Platzsuche   nachkommender   Besucher   und   engagierte   sich   als Platzanweiser.    Angesichts    der    Menschenmassen    war    Torsten    Sträter    anfangs    sichtlich beeindruckt   und   verriet,   dass   er   mit   seiner   Agentur   überlegte,   bei   schlechtem   Ticketverkauf die   angemietete   Halle   einfach   während   der   Veranstaltung   unterzuvermieten   und   gleichzeitig einen Kinderflohmarkt und eine Reptilienausstellung stattfinden zu lassen. Der   Wortakrobat   aus   Dortmund   ließ   bei   seinem   Heimspiel   keine   mögliche   Pointe   ungenutzt liegen   und   plauschte   sich   kreuz   und   quer   vor   allem   durch   jene   Themen,   die   er   ausdrücklich an    diesem    Abend    vermeiden    wollte:    Vater,    Mutter,    Sohn,    Omma,    Corona,    Gendern, Autokinoauftritte   als   kreative   Höhepunkte   seiner   Karriere   und   Tesla   fahren.   Wahrscheinlich werden   im   Nachgang   der   Veranstaltung   einige   Besucher   in   Bergkamen   Rünthe   bei   Sträters Autoschrauber    versuchen    den    weißen    Tesla    zu    leihen,    auf    dessen    Wächtermodus- Videospeicher   mutmaßlich   noch   ein   belastendes    entlastendes   Video   von   Torsten   Sträter existiert... Sträters   Geschichten   erzählen   stets   von   eigenen   kleinen   Erlebnissen,   die   er   in   noch   kleinere Teile   zerteilt   und   solange   die   Situationen   aufspießt,   bis   das   Absurde,   das   Komische   sichtbar wird.   Das   kann   derzeit   im   deutschsprachigen   Raum   niemand   so   gut,   so   pointiert,   so   lässig wie   er.   Darüber   hinaus   ist   er   der   König   des   Abschweifens;   seine   Auftritte   haben   gewollt   den Nimbus   des   lockeren   Geplauders,   bis   das   eigentliche   Programm   losgeht.   Dann   sind   plötzlich mehrere   Stunden   um,   der   Abend   ist   auch   ganz   ohne   „richtiges   Programm“   vorbei   und   alle haben   sich   großartig   amüsiert.   Folgerichtig   sind   Titel   bei   diesem   Unterfangen   Schall   und Rauch:   Wer   im   Programm   "Schnee,   der   auf   Ceran   fällt"   irgendeine   Geschichte   über   Schnee oder   Ceran   hören   will,   muss   sie   sich   selbst   erzählen.   Sträter   hat   größeres   vor.   Als   Sträter zwischenzeitlich   dann   noch   das   Geheimnis   der   Wollmütze   lüftet   und   oben   ohne   vor   uns steht,   wissen   alle   Zeugen   dieses   launigen   und   begeisternden   Auftritts:   Das   Leben   hat   es gut mit uns gemeint an diesem Abend. Danke, Torsten Sträter!  

© Foto: Guido Schröder