Teil 2 des Interviews mit dem Ethnologen
und Voodoo - Eperten Henning Christoph.
Voodoo!
Im
zweiten
Teil
des
Interviews
berichtet
Henning
Christoph
über
den
Umgang
des
Katholizismus
mit
Voodoo,
erzählt
uns
die
spannende
Entstehungsgeschichte
vom
Rüttenscheider
Mami
Wata
Altar
und
welche Rolle bayrische Blasmusik dabei spielte.
RG:
Sie
sagten,
dass
der
positive
Grundbegriff
im
Voodoo
Heilung
ist.
Im
Christentum
wäre
das
sicherlich
Erlösung,
der
negative
Begriff
die
Schuld.
Liege
ich
falsch,
wenn
ich
vermute,
dass
der
negative Grundbegriff im Voodoo die Angst ist?
HC:
Schon;
Angst
ist
immer
da,
dass
man
verhext
wird.
Dann
wendet
man
sich
wieder
an
die
Götter
und
macht Zeremonien für den Schutz.
RG: Gibt es so etwas wie eine Hölle?
HC:
Nein,
gar
nicht.
Das
Schlimmste
ist,
eine
unruhige
Seele
zu
werden.
Die
müssen
dann
ins
Totenreich
gebracht
werden.
Zur
unruhigen
Seele
werden
oft
Menschen,
die
durch
Gewalt
gestorben
sind,
durch
einen
Unfall
oder
Mord;
Menschen,
die
nicht
vorbereitet
sind
auf
das
Sterben.
Unruhige
Seelen
können
großen
Schaden
anrichten,
weil
sie
einfach
ihren
Weg
nicht
finden.
Diese
muss
man
dann
mit
Zeremonien begleiten ins Totenreich.
RG:
Der
Voodoo
hat
ja
offenbar
die
Christianisierung
überstanden.
Hat
er
sich
besonders
gut
versteckt
oder war er besonders durchlässig für den neuen Glauben?
HC:
Man
bedient
sich
ja
auch
bei
den
Moslems,
dort
steht
ein
Imam,
hier
vor
dem
Altar
eine
mit
Pflanzen
vollgestopfte
Madonna.
Man
sagt,
Maria
ist
eine
schöne
Frau,
eine
heilige
Frau,
also
kann
sie
auch
eine
Mami
Wata
sein.
In
Benin
lebt
der
Voodoo
heute
mit
dem
Katholizismus
sehr
friedlich
zusammen.
In
den
katholischen
Kolonien
war
es
natürlich
immer
sehr
leicht,
da
konnte
man
die
Voodoogötter
einfach
hinter
den
Heiligen
verstecken.
In
den
evangelischen
Kolonien
war
es
schwieriger,
es gab keine Figuren.
In
Benin
hat
die
katholische
Kirche
heute
kein
großes
Problem
mit
Voodoo.
Ein
paar
der
besten
Autoren
über
Voodoo
in
Benin
sind
katholische
Priester,
die
aus
Voodoofamilen
kommen;
da
wird
der
Voodoo
nicht
verdammt.
Wenn
Sie
in
Cotonou
am
Rande
des
Marktes
in
der
Dunkelheit
eine
Nacht
bei
der
großen, alten Legbafigur warten, sehen Sie nicht nur Politiker, sondern auch katholische Geistliche.
RG:
Sie
haben
an
anderer
Stelle
berichtet,
dass
Sie
sich
in
einen
Geheimbund
initiieren
lassen
mussten,
um
gewisse
Dinge
zu
dokumentieren.
Ist
die
kritische,
wissenschaftliche
Distanz
des
Beobachters
unter
solchen
Umständen
überhaupt
noch
aufrecht
zu
erhalten
oder
anders:
Macht
man
sich
beim
Eintauchen
in
die
Welt
des
Voodoo
nicht
doch
zumindest
auch
die
Füße
nass
oder
kann
man
tatsächlich
trocken
bleiben und sich ausschließlich auf das Dokumentieren beschränken?
HC:
Wenn
Sie
vollständig
in
diese
Welt
eintauchen,
können
Sie
nicht
mehr
arbeiten.
Das
versuche
ich
immer
zu
vermeiden.
Die
Füße
mache
ich
mir
aber
immer
nass,
sonst
käme
ich
auch
an
die
Sachen
nicht
dran.
Es
ist
auch
durch
sehr
viel
Geduld
und
die
Akzeptanz,
die
ich
zeige,
gewinne
ich
auch
Respekt
und
so lässt man mich da rein und die Zeremonien dokumentieren.
RG: Wie lange beschäftigen Sie sich mit dem Thema?
HC: Seit 45 Jahren.
RG: Wie kommt man als junger Ethnologe ausgerechnet auf ein solches Thema?
HC:
Ich
bin
1950
mit
meiner
Familie
ausgewandert
nach
Amerika.
1956
hat
mein
Vater
das
erste
Fernsehgerät
gekauft,
in
dem
ich
Johnny
Weismüller
als
Tarzan
gesehen
habe.
Mich
hat
sofort
interessiert,
was
die
Stämme
da
unten
machten.
Da
habe
ich
als
Junge
bereits
alles
verschlungen,
was
es
über
Afrika
zu
sehen
und
zu
lesen
gab.
Als
ich
dann
zur
Uni
kam,
war
das
einzige,
was
ich
studieren
wollte
Ethnologie
und
Afrika.
Nach
dem
Studium
bin
ich
dann
1967
nach
Deutschland
zurück
gegangen,
um
von
hier
aus
zu
versuchen,
nach
Afrika
zu
kommen.
Das
gelang
mir
auch
durch
verschiedene
Hilfswerke
wie
Misereor,
aber
diesen
katholischen
Blick
auf
Afrika
fand
ich
dann
so
furchtbar,
dass
ich
kurz
nach
dem
Start
von
GEO
1976
dort
unterkam
und
dann
fünfzehn
Jahre
für
GEO
in
Afrika
gearbeitet
habe.
Eine
der
GEOgeschichten
war
über
Benin;
dort
hatte
ich
–noch
zur
sozialistischen
Zeit
dort-
allerdings
einen
Aufpasser
bekommen.
Das
gefiel
mir
gar
nicht,
dann
habe
ich
den
geschmiert,
dass
er
wegguckt
und
bin
dann
nach
Lake
Nokoué
gegangen.
Ein
malariaverseuchtes
Gebiet,
die
Menschen
leben
auf
dem
See;
ich
hatte
gehört,
dass
dort
französische
Missionare
leben
sollten.
Es
stellte
sich
dann
heraus,
dass
von
denen
nur
noch
einer
übrig
war,
die
anderen
sind
alle
an
Malaria
gestorben.
Dieser
letzte
Priester
war
halbverrückt;
aber
ich
konnte
bei
ihm
bleiben,
um
dort
meine
„Land
und
Leute“
Reportage
zu
machen.
Eines
Abends
saß
ich
mit
dem
Priester
auf
der
Veranda
und
ich
hörte
Trommeln,
wie
ich
sie
noch
nie
gehört
hatte
in
Afrika.
Ich
fragte
den
Priester,
was
das
sei.
Er
antwortete
nicht.
Ich
habe
ihn
nochmal
gefragt.
Er
antwortet
nicht.
Beim
dritten
Mal
guckte
er
mich
an
mit
seinen
roten
Augen an –ein starker Trinker und Kettenraucher- und sagte: Der Teufel.
Das
hat
mich
natürlich
sehr
interessiert.
Ich
hatte
zu
der
Zeit
einen
Bootsmann,
dem
ich
gesagt
habe,
er
solle
mich
hinbringen,
wo
die
Trommeln
schlagen.
Das
wollte
er
erst
nicht,
ich
habe
ihn
dann
aber
dazu
gebracht,
dass
er
mich
hinfährt.
Auf
einer
kleinen
Insel
sah
ich
dann
tanzende
Männer,
die
sich
mit
Messern
in
den
Körper
schnitten.
Ich
konnte
ein
paar
Bilder
machen,
wurde
dann
aber
verscheucht
und
ich
fragte
den
Bootsmann,
was
das
sei.
Er
sagte
nur:
Coco
Coco.
Ich
fragte
nochmal
und
er
sagte:
Voodoo. Als ich wieder beim Priester war, fragte er wo ich war und ich sagt nur: Coco.
Da
zog
er
sofort
seinen
Rosenkranz
raus,
hat
sich
hingekniet
und
fing
an
zu
beten.
Und
ich
wusste,
dahin
muss
ich
unbedingt
zurück.
Die
Geschichte
ist
dann
in
GEO
erschienen
und
danach
hat
mich
dann
die
UNESCO
gefragt,
ob
ich
etwas
für
sie
machen
würde.
Die
haben
mich
dann
für
zwei
Jahre
finanziert,
so dass ich bei GEO aufgehört habe und für die UNESCO nach Benin gegangen bin.
Ich
komme
in
Benin
am
Flughafen
an,
da
steht
dort
ein
junger
Mann
und
fragt
mich,
ob
ich
einen
Führer
brauche.
Ich
habe
gesagt:
Ja,
wenn
Du
mich
zu
Voodoo
Zeremonien
bringst,
dann
kann
ich
Dich
brauchen.
Er
lächelte
nur,
holte
mich
am
nächsten
Morgen
im
Hotel
ab.
Ich
fragte
ihn,
wo
wir
hinfahren
und
er
sagte,
dass
wir
zu
seinem
Onkel
fahren.
Und
dieser
Onkel
war
Soza
Gedenge,
der
größte
Voodoo
Priester in Benin.
RG: Und dort sind Sie dann geblieben?
HC:
Ja,
er
fragte
mich,
was
ich
wolle.
Ich
sagte
ihm,
dass
ich
alles
lernen
wollte
über
Voodoo.
Dann
sagte er, gut, dann musst Du drei Monate bei mir wohnen.
Ich
bin
dann
bei
ihm
eingezogen,
durfte
in
der
Zeit
kein
Bild
machen,
aber
zu
seinen
Zeremonien
gehen.
Nach
den
drei
Monaten
hat
er
mir
ein
Bild
von
sich
gegeben,
18x24
cm,
das
sollte
ich
hinter
die
Autoscheibe
kleben.
In
jedem
Dorf,
in
das
ich
dann
mit
seinem
Neffen
kam,
durfte
ich
bleiben
und
fotografieren. Das Bild war dort ein Pass.
Ich
hatte
1994
dann
ein
Buch
herausgebracht,
Soza
war
sehr
stolz
auf
dieses
Buch,
hielt
es
hoch
in
einer
großen
Zeremonie
und
sagte:
„Jetzt
sieht
die
Welt,
was
Voodoo
wirklich
ist.“
Danach
hat
er
mich
vorgestellt
und
gesagt,
ich
sei
jetzt
der
Chronist
des
Voodoo.
Danach
waren
dann
endgültig
alle
Türen
offen und die volle Akzeptanz kam.
RG:
Sie
haben
hier
diese
unglaubliche
Sammlung
zusammengetragen
und
einen
aktiven
Mami
Wata
Altar errichten können. Wie ging das?
HC:
Als
ich
das
Museum
eröffnet
hatte,
waren
auch
immer
wieder
Priester
aus
Benin
hier.
Museum
war
natürlich kein Begriff für sie, das war für sie ein Tempel.
Ich
hatte
damals
die
Idee,
dass
ich
einen
aktiven,
lebendigen
Altar
wollte,
den
ich
auch
in
anderen
europäischen
Museen
zeigen
könnte.
Dann
habe
ich
den
großen
Priester
Soza
Gedenge
gefragt,
ob
er
das
machen
kann
für
mich.
Dann
hat
er
lange
überlegt,
hat
das
Orakel
befragt
und
hat
eine
positive
Antwort
bekommen.
Er
sagte,
wir
müssen
das
Holz
nehmen
von
einem
Iroko
Baum.
Das
ist
im
Voodooglauben
der
Gott,
der
einen
Teil
der
Seelen
aufnimmt
nach
den
siebzehn
Inkarnationen.
Und
einen
beseelten
Baum
darf
man
nicht
einfach
schlagen,
den
muss
man
fragen
und
eine
Zeremonie
machen.
Ich
war
einverstanden.
Die
Zeremonie
dauerte
allerdings
drei
Tage
und
drei
Nächte
und
ich
hatte
zweihundertfünfzig
Gäste,
die
ich
bewirten
musste.
Am
Ende
hatte
ich
dann
riesige
Äste
des
Baumes.
RG: Wie ging es dann weiter?
HC:
Als
erstes
wurden
die
drei
schwarzen
Figuren
geschnitzt,
das
sind
die
Kundschafter.
Die
sollte
ich
hierher
nach
Essen
bringen,
aufstellen,
alle
drei
Monate
fotografieren
und
die
Fotos
zeigen.
Die
Kundschafter
sollten
also
berichten,
ob
es
sicher
ist,
für
die
anderen.
Es
dauerte
neun
Monate,
bis
ich
eine
positive
Antwort
bekam.
Als
nächstes
wurde
dann
Mami
Wata
geschnitzt.
Nachdem
sie
fertig
war,
musste
ich
wieder
so
eine
große
Zeremonie
machen.
So
langsam
ging
mein
Geld
aus.
Ich
dachte
ursprünglich,
ich
bekomme
die
einundvierzig
Figuren
recht
zügig.
Einundvierzig
deshalb,
weil
das
die
heilige
Zahl
ist
im
Voodoo,
obwohl
keiner
sagen
kann,
warum.
Aber
das
sind
Wassergeister,
von
denen
es
Tausende
gibt
und
Soza
Gedenge
sagte
mir,
sie
müssen
zu
ihm
im
Traum
kommen.
Die
Träume
haben
dann sechs Jahre gedauert, denn er hat natürlich nicht jede Nacht davon geträumt.
Immer
wenn
er
eine
Figur
sah,
hat
er
seinem
Schnitzer
gesagt,
was
er
gesehen
hat.
Im
Traum
mussten
die
Geister
sich
dann
benennen
und
ihre
Reisezeit
angeben.
Die
Reisezeiten
waren
natürlich
immer
sehr,
sehr schlimm, zwischen Mitternacht und vier Uhr morgens.
Ich
war
zu
der
Zeit
nur
am
hin-
und
herfliegen.
Zwei
Autos
habe
ich
zu
Schrott
gefahren,
weil
das
Dorf
tief im Busch liegt und nachts durch den Busch zu fahren ist sehr gefährlich.
1999
war
der
Altar
dann
fertig.
Er
sagte,
er
würde
es
dann
hier
installieren,
aber
wir
müssten
sechs
deutsche
Flüsse
besuchen,
weil
Mami
Wata
die
Wasserwege
in
Deutschland
kennenlernen
muss.
An
jedem
Fluss
musste
eine
Zeremonie
gemacht
werden.
Ich
war
einverstanden,
aber
dann
gab
er
mir
die
Liste
von
den
Begleitern.
Das
waren
zweiundzwanzig
Frauen,
drei
Trommler,
drei
Helfer
und
er.
Sie
können
sich
vorstellen,
wenn
man
hier
zum
Ausländeramt
geht
und
versucht,
Visa
für
so
viele
Afrikaner
zu kriegen, die haben mich für verrückt erklärt. Ich habe es dann am Ende aber durchgesetzt.
Ich
habe
dann
immer
Bauern
gefunden
für
jeweils
eine
Woche,
die
mir
eine
Scheune
vermietet
haben,
die
natürlich
nie
direkt
an
den
Flüssen
lagen.
So
mussten
wir
in
der
deutschen
Provinz
mit
zweiundzwanzig
ganz
in
weiß
gekleideten
Frauen
mit
weiß
gepuderten
Gesichtern
und
weiß
gepudertem
Haar,
die
in
Trance
die
Figuren
trugen,
über
Landstraßen
und
Feldwege
zu
den
Flüssen
laufen.
Ich
hatte
die
größte
Befürchtung,
ob
das
gut
geht.
Autos
stoppten,
Leute
staunten,
aber
es
hab
nie
ein
Problem.
Bayern
habe
ich
ganz
ans
Ende
gesetzt,
da
hatte
ich
die
größten
Befürchtungen.
Dort
hatten
wir
dann
aber
einen
sehr
netten
Wirt.
Die
Zimmer
waren
über
der
Wirtsstube.
Und
gerade
in
diesem
Haus
gingen
die
Frauen
jede
Nacht
in
Trance.
Sie
schrien
herum
und
rannten
durch
das
Haus,
während
die
Bayern
unten
gemütlich
in
der
Wirtsstube
saßen
und
ihr
Bier
getrunken
haben.
Der
Wirt
fand
das
alles
so
schön
und
exotisch,
am
letzten
Abend
hat
er
dann
ein
Abschiedsfest
gemacht
und
eine
Blaskapelle
bestellt,
die
dann
gemeinsam
mit
den
Trommlern
aus
Benin
spielten
und
die
Beniner
und
die
Bayern
tanzten
zusammen. Es war surreal.
Am Ende wurden die Figuren dann installiert, so dass jetzt der Altar vollständig ist.
RG: Ist der Altar denn wie geplant auch in anderen Museen ausgestellt worden?
HC:
2001
war
eine
große
Ausstellung
im
Kunstpalast
in
Düsseldorf
„Die
Altäre
der
Welt“.
Dort
war
ich
Kurator
für
den
afrikanischen
Voodoo
und
habe
unter
anderem
diesen
Altar
ausgestellt.
Aber
ich
darf
den
nicht
einfach
abbauen,
das
müssen
immer
Priester
machen,
sonst
hat
man
Chaos.
In
dem
Kunstpalast
waren
die
Priester
dann
zehn
Tage
dabei.
Dort
passierten
ganz
eigenartige
Sachen.
Frauen,
die
mit
echten
Perlenketten
kamen,
standen
vor
dem
Altar
und
die
Perlenketten
platzten.
Die
zwei
Priester,
die
da
saßen,
lachten
sich
jedes
Mal
kaputt.
Das
Museum
hat
dann
extra
einen
Securitymenschen
abgestellt,
der
die
Perlen
immer
wieder
aufgesammelt
hat.
Das
ganze
sorgte
für
Irritationen,
so
dass
ich
gebeten
wurde
die
beiden
zu
fragen,
ob
sie
irgendwas
machten.
Die
beiden
sagten
aber
nein,
sie
machten
nichts,
aber
die
Frauen
hätten
Mami
Wata
nicht
gefragt,
ob
sie
die
Perlen
aus dem Wasser nehmen dürfen.
RG: Aber an dem Standort hier gab es noch keine Zwischenfälle?
HC:
Wenn
ich
in
Benin
bin
und
um
Mitternacht
an
einer
Mami
Wata
Zeremonie
teilnehme
am
Meer,
dann
sehe
ich
an
den
Protokollen,
wenn
ich
zurück
bin,
dass
zu
genau
der
Zeit
hier
die
Alarmanlage
losgegangen
ist.
Wenn
ich
das
in
Benin
erzähle,
dann
sagen
die
dort,
dass
die
Götter
hier
einfach
mitfeiern.
Nur
der
Securitymann
hier
hatte
irgendwann
einen
Wahnsinnsschiss
und
kommt
jetzt
nicht
mehr.
RG: Wie reagieren andere afrikanische Besucher auf das Museum?
HC:
Die
kommen
nicht
hierher,
da
die
meisten
mit
Voodoo
nichts
zu
tun
haben,
sondern
meist
christlichen Sekten angehören.
RG: Aber es muss doch auch in Deutschland Voodoogemeinden geben?
HC:
Nein,
gibt
es
nicht.
Wir
haben
keine
Asylanten
aus
Benin
hier,
so
konnte
ich
übrigens
auch
damals
die
große
Gruppe
aus
Benin
hierher
holen,
da
es
einfach
keine
Asylanten
gibt.
Es
gibt
ein
paar
Studenten und vielleicht den einen oder anderen Arzt aus Benin und das war es.
Ein
paar
Leute
aus
Togo
und
Ghana
kommen
noch
hierher.
Aber
die
meisten
Afrikaner,
die
hier
sind,
gehören
zu
christlichen
Sekten.
Es
gibt
ein
paar
Dinge
anderen
Ursprungs
hier
in
Deutschland,
aber
keinen westafrikanischen Voodoo.
RG:
Ich
kann
mir
vorstellen,
warum
jemand
Priester
wird
im
Voodoo:
Heilung,
Ansehen,
Macht,
Berufung…
Warum
Menschen
einen
Bedarf
haben,
einen
Schadenszauber
anzuwenden,
kann
ich
mir
auch
vorstellen.
Aber
warum
wird
jemand
ein
Hexer,
der
sich
ja
scheinbar
ausschließlich
mit
Schadensmagie befasst?
HC:
Kein
Hexer,
sondern
Aseto.
Das
wird
meist
vererbt.
Es
ist
aber
auch
sehr
gefährlich,
ein
Aseto
zu
werden.
Denn,
wenn
man
Missbrauch
macht,
dann
kommt
es
auf
ihn
zurück.
Der
Aseto
lebt
ein
gefährliches
Leben.
Viele
von
ihnen
leben
nicht
sehr
lange.
Ein
Priester,
der
heilt,
wird
niemals
einen
Schadenszauber
machen.
Wenn
ich
also
jemandem
Schaden
zufügen
möchte,
gehe
ich
zu
einem
Aseto.
Der
Aseto
prüft
den
Fall,
macht
eine
Orakellesung
und
schaut,
ob
es
gerechtfertigt
ist.
Zum
Beispiel,
ob
es
gerechtfertigt
ist
mit
Schadenszauber
Schulden
einzutreiben
und
welcher
Schaden
angemessen
ist.
Ich
darf
also
nicht
gleich
jemanden
wegen
Schulden
umbringen.
In
einer
Gesellschaft,
wo
alle
dran
glauben, funktioniert das auch.
RG: Funktioniert das auch, wenn der Schuldner nicht weiß, dass der Gläubiger zu einem Aseto geht?
HC: Ich würde sagen nein, aber ich kann das natürlich nicht beweisen.
RG:
Das
bedeutet,
dass
Schadensmagie
nicht
immer
böse
ist
und
gemeinsam
mit
der
Heilungsmagie
Teil
ein und desgleichen Systems ist. Die Hexerei ist dann außerhalb des Systems?
HC:
Ja,
Hexerei
ist
immer
böse.
Die
geheimen
Hexengesellschaften
tun
nur
böses.
Es
ist
ein
komplexes
Thema.
Den
Aseto,
der
korrekt
arbeitet,
braucht
auch
die
Gesellschaft.
Der
Aseto
hat
aber
auch
Verbindungen
zu
den
Hexen.
Der
Hexenglaube
in
ganz
Afrika
nimmt
ja
zu.
Das
hat
viel
mit
Neid
zu
tun,
der
eine
hat
eine
bessere
Ernte,
der
andere
eine
schlechtere
und
schon
müssen
sich
beide
vor
der
möglichen Hexerei des anderen schützen.
RG: Das bedeutet, eine Hexe will Macht und anderen Menschen schaden. Richtig?
HC:
Es
geht
um
Schaden
und
darum,
Böses
zu
tun.
Das
kann
wieder
aus
Neid
sein,
wenn
andere
etwas
haben,
was
ich
nicht
habe
und
ich
sie
dafür
strafen
möchte.
Gerade
bei
jungen
Mädchen
kommt
es
oft
vor,
dass
sie
sagen,
dass
sie
Hexen
sind.
Ich
hatte
einen
Fall,
eine
Vierzehnjährige,
die
in
einer
großen
Familie
lebte.
Die
ältere
Schwester,
neunzehn,
hatte
ein
Kind
bekommen.
Jetzt
hat
der
Vater
gesagt,
dass
die
jüngere
Schwester
die
ganzen
Aufgaben
von
der
älteren
Schwester
mit
erledigen
muss.
Ein
Kind
in
diesem
Alter
ärgert
sich,
wie
Kinder
manchmal
sind,
und
wünscht
dem
Vater
den
Tod
und
auch
dem
Baby.
Und
so
kam
es,
der
Vater
starb
und
auch
das
Baby
starb.
Jetzt
bekam
das
Mädchen
Schuldgefühle
und
die
Nachbarn
der
Familie
bemerkten,
dass
das
Mädchen
sich
sehr
eigenartig
verhält.
Sie
hat
dann
zugegeben,
dass
sie
eine
Hexe
sei.
Im
Schlaf
wäre
ihre
Großmutter
zu
ihr
gekommen
als
Eule
und
habe
sie
mitgenommen,
sie
sind
herumgeflogen
und
hätten
dann
gemeinsam
das
Baby
gekocht
und
gegessen.
Die
Familie
hat
sie
dann
zum
Aseto
gebracht.
In
einer
zehntägigen
Zeremonie
wurde
dann
das
Mädchen
gereinigt
und
die
Hexenkraft
aus
ihr
herausgezogen.
Sie
wurde
danach
wieder
in der Familie aufgenommen.
Die
christlichen
Sekten
allerdings
gehen
da
anders
vor.
Es
ist
ja
sehr
schlimm
geworden
mit
den
Verbrennungen
von
Hexen,
das
Herausbrennen
von
Zungen,
überstreifen
von
Reifen,
die
dann
angezündet
werden.
In
Ghana
ist
das
so
schlimm,
dass
es
Internierungslager
für
Hexen
gibt,
um
sie
zu
schützen.
RG:
Das
bedeutet,
im
Voodoo
ist
es
der
Aseto,
der
die
Hexe
wieder
zurück
ins
System
und
ins
Gleichgewicht bringt, indem er die Hexenkraft aus ihr herauszieht?
HC:
Ja.
Die
große
Lebensgefahr
für
die
beschuldigten
Hexen
geht
heute
von
den
christlichen
Sekten
aus.
Im
Voodoo
kann
ich
eine
Hexe
wieder
zurückführen
und
in
die
Gesellschaft
integrieren.
Die
Hexe
wird
im
Voodoo geheilt, nicht umgebracht.
RG: Habe ich eine Frage nicht gestellt, auf die Sie gerne geantwortet hätten?
HC: Nein, Sie haben ganz gute Fragen gestellt.
RG: Dann danke ich für die Blumen und das hochinteressante Gespräch.
Der erste Teil des Interviews findet sich hier.
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