Etwas abseits des Trubels des ersten Steampunk Jahrmarktes in
der Jahrhunderthalle Bochum sprachen wir zu Beginn der
Veranstaltung mit Chantal, Daniel („de Schnidder“ mit ihrer “Ohd
Kodühre uss Kassel“), Christian alias Victor Scrooge und Nina
alias Miss Alice über Steampunk im Allgemeinen und
Lebensgefühl mit Kreativität im Besonderen.
RG:
Die
Ruhrgesichter
sind
offenbar
durch
einen
Riss
in
der
Zeit
inmitten
phantastisch
gekleideter
Steampunks gelandet und reiben sich verwundert die Augen… Klärt uns auf: Was ist Steampunk?
Chantal:
Steam
Punk
bezieht
sich
auf
die
Geschichten
von
Jules
Verne
und
die
Zeit
des
viktorianischen
Zeitalters und auf die damalige Vorstellung von der Zukunft.
Daniel:
Steampunk
ist
in
erster
Linie
ein
Lebensgefühl.
Man
macht
sich
in
einer
phantastischen
Art
und
Weise
die
Geschichte
bewusst.
Wie
Chantal
das
schon
gesagt
hat,
beziehen
wir
uns
auf
Jules
Verne
und
H.
G.
Wells,
es
handelt
sich
also
um
eine
Art
Retro-Futurismus:
Science-Fiction
in
der
Ästhetik,
Kleidung
und Architektur des viktorianischen Zeitalters.
Christian:
Was
viele
beim
Steampunk
als
integralen
Bestandteil
sehen
ist,
dass
nicht
nur
ein
Bereich
angesprochen
wird,
sondern
dass
auch
viele
handwerkliche
Aspekte
mit
angesprochen
werden.
Bei
DE
SCHNIDDER,
also
Chantal
&
Daniel,
mit
dem
Nähen
oder
bei
mir
die
Maskenherstellung
oder
das
Ausprobieren
von
Rezepten
aus
alten
Kochbüchern.
Es
ist
eine
unglaublich
große
Bandbreite,
die
abgedeckt
wird,
was
in
dieser
Verbindung
unglaublich
viel
Spaß
macht.
Was
natürlich
auch
Spaß
macht,
ist hier in Bochum zu sehen was die anderen so gemacht haben.
RG: Chantal und Daniel, Ihr schneidert also Eure Kostüme selbst?
Chantal:
Genau,
wir
gehören
zu
vier
Leuten
–
die
zwei
anderen
konnten
heute
leider
nicht
–
und
wir
nennen uns die DE SCHNIDDER und machen „Ohd Kohdühre uss Kassel“.
RG: Und die Kleidung kann man bei Euch auch kaufen?
Chantal: Nein, wir machen das nur als Hobby und haben da keine finanziellen Interessen.
Daniel:
Was
wir
aber
schon
möchten,
ist
Leute
zu
inspirieren
nicht
alles
von
der
Stange
zu
kaufen,
sondern
auch
mal
wieder
etwas
selber
zu
machen.
Und
da
die
Szene
noch
nicht
sehr
groß
und
an
und
für
sich sehr offen ist, gibt man sich gegenseitig auch mal Tipps und inspiriert sich.
Nina:
Irgendwann
fängt
man
natürlich
an,
auch
von
alleine
zu
gucken,
wie
man
Sachen
nähen
und
auch
zusammenbasteln
kann.
Dabei
geht
es
nicht
nur
um
das
Kreative,
was
die
Kleidung
angeht,
sondern
um
eine
ganze
Gesellschaft.
Da
hat
man
natürlich
auf
der
einen
Seite
die
Leute,
die
nähen,
auf
der
anderen
Seite aber auch Leute, die mit Holz arbeiten, Maler. So kann man gut zusammenarbeiten.
RG: Wie kommerziell ist diese Szene?
Christian:
Es
gibt
durchaus
kommerzielle
Einflüsse,
aber
der
Großteil
ist
noch
eher
im
nicht-kommerziellen
Bereich.
RG: Was ist Dein Talent?
Christian:
Ich
bin
quasi
ein
Goethe,
ich
mache
so
ziemlich
alles
(lacht).
Außer
nähen,
das
kann
ich
nicht.
Ich
bastele
Masken,
ich
schreibe,
fotografiere
und
bin
immer
da
zu
finden,
wo
man
mich
fragt,
mitzumachen. Ich habe schon in einem kleineren Projekt an einem Computerspiel mitgearbeitet.
RG: Welches grausame Schicksal erwartet denjenigen, der behauptet, Ihr seid einfach nur verkleidet?
Christian: Das wäre kein Problem, wir sagen aber eher, wir sind gewandet.
Nina:
Es
fühlt
sich
eher
an
wie
eine
besondere
Kleidung,
die
man
zu
besonderen
Anlässen
trägt.
Wenn
man
ins
Theater
geht,
zieht
man
sich
ja
auch
chic
an,
und
so
fühlt
es
sich
auch
für
mich
an,
wenn
ich
auf
Steampunk Events gehe.
RG:
Gibt
es
ein
Zusammengehörigkeitsgefühl
innerhalb
der
Szene
oder
herrscht
doch
eher
ein
inoffizieller
Konkurrenzkampf um die beste Idee, die schönste Kleidung und den „authentischen“ Steampunk?
Chantal:
Die
Szene
ist
in
Deutschland
ja
noch
recht
klein
und
steckt
in
den
Kinderschuhen.
Heute
hier
in
Bochum
ist
das
sicherlich
DAS
Großereignis
in
Deutschland.
Ich
habe
die
Szene
bislang
sehr
positiv
erlebt;
man guckt sich an, was und wie die anderen gebastelt haben. Es ist noch wie eine kleine schöne Familie.
RG: Was erwartet Ihr heute von dem Abend?
Daniel:
Wir
erwarten
hier
heute
eine
Menge
Spaß
bei
dieser
Abendgesellschaft
auf
einem
Jahrmarkt,
bekannte
Gesichter
wiederzutreffen,
neue
Gesichter
zu
sehen,
neue
Inspirationen,
natürlich
den
Austausch
einer
Menge
Geschichten,
wie
man
zum
Monde
geflogen
ist
oder
zum
Mittelpunkt
der
Erde
reiste, wie man sich in der Zeit verloren hat…
RG:
Seid
Ihr
in
einer
Rolle,
stellt
Ihr
einen
festen
Charakter
dar
oder
seid
Ihr
einfach
Chantal,
Daniel,
Christian und Nina in besonderer Steampunk Garderobe?
Nina:
So
wie
wir
jetzt
hier
stehen,
stellen
wir
keine
Rollen
dar,
sondern
sind
wir
selbst
in
Steampunk
Kleidung. Es gibt natürlich auch so etwas wie Steampunk Larp, aber hier sind wir einfach wir selbst.
Chantal:
Ergänzend
kann
ich
dazu
sagen,
dass
es
hier
auch
Leute
gibt,
die
andere
(Steampunk-)
Namen
haben.
Wenn
man
sich
trifft,
spricht
man
sich
auch
mit
diesen
Namen
an.
Das
Lady
und
Gentleman
Feeling kommt so natürlich viel besser rüber.
Christian:
Mein
Künstlername
ist
zum
Beispiel
angelehnt
an
einen
Charakter
aus
der
Weihnachtsgeschichte,
Scrooge,
und
ich
habe
auch
diesen
Steampunk
Rollenspielcharakter.
Es
gibt
also
Veranstaltungen,
bei
denen
ich
als
„normaler
Mensch“
unterwegs
bin
und
einige,
bei
denen
ich
als
Victor
Scrooge auftauche.
Daniel:
Es
gibt
diverse
Foren
im
Internet,
in
denen
man
sich
mit
anderen
austauscht.
Dort
benutzt
man
natürlich
auch
eine
Rolle,
die
in
dieses
Thema
und
die
viktorianisch
angehauchte
Zeit,
bzw.
Bürgerkriegszeit
oder
Gründerzeit
passt.
Natürlich
gibt
es
dann
auch
mal
eine
Geschichte
über
die
letzte
Expedition
zum
Mars,
denn
die
Erfindungen,
die
Ausrüstungsgegenstände
und
die
Kleidung,
die
man
macht,
haben
natürlich
ihre
Geschichte
und
die
erzählt
man
auch
sehr
gerne.
Insgesamt
unterhält
man
sich aber eher über normale, „weltliche“ Themen.
RG:
Herzlichen
Dank,
dass
Ihr
Euch
kurz
Zeit
genommen
habt.
Jetzt
viel
Spaß
und
stürzt
Euch
ins
Jahrmarkt – Getümmel…
Ein Riss in der Zeit