RuhrGesichter
Wie   aus   einer   aktuellen   Forsa   Umfrage hervorgeht,   leben   82   %   der   Bewohner gerne   im   Ruhrpott,   das   ist   weit   mehr   als die   Identifikation   mit   dem   Wohnort   im Bundesdurchschnitt.

Vierte Heimatseite

„Meine   Heimat   ist   das   Ruhrgebiet.   Das war   so   und   das   bleibt   so.   Ich   habe   drei Jahre     in     Berlin     gelebt.     Als     ich     im Sommer   2013   wieder   hier   war,   bin   ich als   erstes   in   den   Kanal   gesprungen   und erst    dann    wusste    ich:    Ich    bin    wieder zuhause.” (Manu aus Recklinghausen)
„HIER WAR GOETHE nie.“ Gesehen in Arnsberg
„Der    Mensch    aus    dem    Ruhrgebiet    ist noch    herzlich    und    offen.    Wir    haben durch    die    Bergbauvergangenheit    eben nach    wie    vor    eine    sehr    spezielle    Art. Mein    Lieblingsort    im    Ruhrgebiet?    Die Zeche   Consol   ist   schon   ein   Ort,   mit   dem mich viel verbindet.“ (Ullrich Tyrichter)
„Dieser    Ort    ist    so    faszinierend.    Die Halde        sieht        aus        wie        eine Mondlandschaft.        Da        wollte        ich unbedingt    den    ,Fliegenden    Holländer' machen.   In   dieser   Oper   geht   es   ja   um Naturgewalten,    und    dazu    passt    der mystische      Ort      perfekt".      (Regisseur Thomas     Grandoch     über     die     Halde Haniel)
"Heimat    ist    da,    wo    man    verstanden wird.   Mit   den   Ruhrgebietlern   fühlt   man sich    wie    in    einer    großen    Familie    und Familie bedeutet Heimat. Unser    Lieblingsort    im    Ruhrgebiet    ist überall    dort,    wo    wir    drei    zusammen sind.   Uns   verbindet   auch   das   Feiern   auf unserem      jährlichen      Lieblingsereignis 'Oberhausen   Olè',   genauso   wie   wir   den Schlager        mit        dem        Ruhrgebiet verbinden." (Jenny, Ramona, Samuel)
"Als     freischaffender     Fotograf     begleite     ich     das Ruhrgebiet    in    seiner    Veränderung    seit    1993.    Die größte     Veränderung     in     der     Vergangenheit     ist sicherlich,       dass       das       Ruhrgebiet       in       seiner Außenwirkung   mit   seinen   Leuchtturm   –   Projekten   wie Zollverein     usw.     nicht     mehr     als     das     Dreckloch wahrgenommen     wird,     das     es     mal     war.     Meine persönlichen      Lieblingsorte      im      Ruhrgebiet      sind allerdings   nicht   die   Leuchtturmprojekte   wie   Zollverein, die   mich   inzwischen   auch   ein   bisschen   an   Disneyland erinnern:   Alles   ist   neu,   es   ist   kein   Dreck   mehr   da.... Mich    interessieren    eher    die    ursprünglichen    Sachen, zum   Beispiel   das   Industriemuseum   Zeche   Hannover   in Bochum   finde   ich   äußerst   faszinierend.   Da   sieht   es   so aus,   als   wäre   der   letzte   Kumpel   gerade   ausgefahren und   hätte   einfach   die   Schachttür   aufgelassen.      Wo   es hingeht   mit   dem   Ruhrgebiet,   das   weiß   ich   allerdings auch   immer   noch   nicht.   Nur   die   Leuchtturm   –   Projekte können   es   nicht   sein.   Ich   freue   mich   zwar   darüber, dass   sie   da   sind   und   man   hier   im   Ruhrgebiet   nicht   die Einstellung    hat    „Wir    machen    es    so    wie    woanders auch:   Gewerbefläche,   IKEA   drauf   und   fertig.“   Aber   ob Zollverein alleine reicht?” (Thomas Pflaum)
Denken   wir   einen   kurzen   Moment   an   Konrad   Koch   und   sagen: Danke,        Konrad.    Der    Braunschweiger    Lehrer    führte    1874    das Fußballspielen   in   Deutschland   ein.   Fußball   galt   von   Beginn   an   als 'Unterschichtensport'   und   wurde   gern   abschätzig   als   'Fußlümmelei' bezeichnet.   Und   heute?      Heute   sind   wir   zu   jeder   Derbyzeit   im Revier   heiß   wie   Frittenfett   und   freuen   uns   auf   einen   gepfefferten sportlichen   Kampf,      bei   dem   am   Ende   nicht   zwingend   die   bessere Mannschaft   gewinnen   sollte,   sondern   die   richtige.   Und   um   daran zu   erinnern,   dass   auch   Rivalität   Grenzen   hat,      posten   wir   hier   ein Foto   vom   Friedensplatz   in   Berghausen/Schmallenberg   und   sind gespannt auf die nächste Fußlümmelei der Revier-Rivalen.
„Das Geleucht auf der Abraumhalde Rheinpreussen: Die Grubenlampe hat einen Durchmesser von 8 m und stellt eine der beeindruckenden Landmarken der Region dar.  Von dort oben hat man eine grandiose Aussicht,  sollte nur nächtens etwas achtgeben, dass man selbst an einem Stück mitsamt vollständiger Fotoausrüstung die Halde verlässt angesichts einiger dort wohl des öfteren anzutreffenden Herumtreiberlinge.
"Gib    mich    die    Pille"    oder    die    Götter    des    Gemetzels:    Der    SV Vonderort   II   aus   Bottrop   hat   am   11.09.2016   mit   einer   für   ein Fußball-Liga-Spiel    historischen    Klatsche    von    43:0    beim    PSV Oberhausen    verloren.    Da    drei    Spieler    der    Vonderorter    mit Zerrungen   das   Feld   verlassen   mußten   und   nicht   ersetzt   werden konnten,      nahmen   auch   die   Gastgeber   sportlich   fair   Spieler   vom Feld,   so   dass   beim   Abpfiff   8   gegen   8   spielten,   bevor   der   PSV   den Verlierern   einen   Kasten   Bier   spendierte.   Abstiegsängste   sind   bei den    Vonderortern    übrigens    unnötig:    Die    Kreisklasse    C    ist    die niedrigste   deutsche   Liga,      so   dass   diese   Helden   der   Kreisklasse unabsteigbar   sind.   Und   Helden   sind   sie,      denn   wenn   alle   2   Minuten ein   Tor   fällt   und   der   Schnapper   noch   der   beste   Mann   ist,      dann gehört   schon   viel   Moral   dazu,      solch   ein   Spiel   zu   Ende   zu   spielen. Ruhrpott-Respekt!
Ruhrleben: Die gesammelten Erkenntnisse der  heutigen Mittagspause am Canale Grande in  Lünen. Mutter und Sohn pilgern zum Eiswagen,  der Sohnemann eilt voraus.  Mutter: "Watte, hasse Geld fürn bezahlen?"  Sohn: "Gibma".  Mutter: "Watte, was brauchse."  Sohn: "Gibma watte hass".  Mutter: "Ich geb dich gleich wasse verdiens. Hinterde Lauscher."  Sonstige Erkenntnisse: Der Eisneger an der Kältekutsche heißt jetzt 'Sahneeiszubereitung mit kakaohaltiger Fettglasur', dicke Männer neigen zu den knappsten Badebuxen, weiße Bollen provozieren das schönste Sonnenpeeling und es gibt noch Blumenbadekappen auf den Häuptern älterer Damen. Dabei habe ich immer gedacht, diese wären in den 70ern ausgestorben. Die Badekappen, nicht die Damen.  Eine große Gruppe migrationshintergründiger Kinder springen von den Kanalbrücken und rufen dabei Allahu Akbar. Auf meinen fragenden Blick hin geben die Jungs die Erklärung: "Tja, war 'ne Arschbombe." Die nächtliche Halde Rungenberg in Gelsenkirchen. Die Halde ist eine von mindestens sieben 'brennenden Halden' im Ruhrgebiet. Durch die (mit dem Abraum aus dem Bergbau auf die Halden gelangte) Restkohle kommt es dabei im Inneren der Halde zu Selbstentzündung und zu Schwelbränden, die bis zu 500°C erreichen können. Aber keine Angst: Heiße Füße bekommt bei einem Spaziergang über die Halde niemand. Die 'Großen Drei' des Ruhrgebiets waren Kohle,   Stahl & Bier. Die 'Großen Vier' der Philosophie  werden unter geisteswissenschaftlich geneigten  Ruhrgebietlern auch liebevoll "Vierkant"  genannt und bezeichnen die vier zentralen  Fragen des Philosophen Immanuel Kant:  1. Was kann ich wissen? 2. Was soll ich tun? 3. Was darf ich hoffen? 4. Was ist der Mensch?  Drei Studenten aus dem Ruhrgebiet haben diesen vier  Fragen eine weitere essentielle hinzugefügt: "Wo ist Bier?" und kurzerhand eine gleichnamige (kostenlose) App programmiert,  die dem Durstigen den schnellsten Weg zur nächsten Bierbude im Ruhrpott weist. Nur den Weg zu Google Play oder iTunes müssen wir jetzt noch selbst finden...
Ein   ganz   besonderer   Fußballer,   vielleicht   mit   direktem   Draht   zum „Fußballgott“,   findet   sich   in   der   St.   Joseph-Kirche   in   Gelsenkirchen –   Schalke:   Unterm   Heiligenschein   sehen   wir   den   heiligen   Aloisius von       Gonzaga,       knieabwärts       mit       blau-weißen       Stutzen, Fußballschuhen und natürlich ebenfalls blau-weißem Fußball. Nachdem    im    Krieg    die    alten    Kirchenfenster    zerstört    wurden, beauftragte   man   in   der   50er   Jahren   den   Gelsenkirchener   Künstler Walter   Klocke,   die   Fenster   zu   ersetzen;   mit   ihm   entstand   die   Idee für den „Fußballheiligen“ als Patron für die (Schalker) Jugend. Die   Gemeinde   gehörte   damals   jedoch   zum   Bistum   Paderborn,   das dem   „Fußballfenster“   strikt   die   Genehmigung   verweigerte.   In   den nachfolgenden    organisatorischen    Wirren    der    Neugründung    des Bistums   Essen,   dem   die   Schalker   Gemeinde   schließlich   zugeordnet wurde,   wurde   der   Plan   dann   mit   typischer   Ruhrpott-Pragmatik flugs    umgesetzt,    bevor    auch    das    Bistum    Essen    das    weltweit einzigartige Fenster verbieten konnte…
So schön spazieren gehen kann man nur bei uns im Pott... Gut,  den Berg haben wir selbst aufgeschüttet, ein bisschen giftig ist der auch und: Bäume werden schon irgendwie überbewertet.  Trotzdem wunderschön: Die Halde Rungenberg in Gelsenkirchen.
Bemerkenswert:     Auf     unseren     Streifzügen     durchs     Ruhrgebiet treffen   wir   immer   wieder   ehemalige   Bergmänner,   die   es   auch   im hohen   Alter   immer   wieder   zu   ihrem   ehemaligen   Arbeitsplatz   zieht. Manchmal   ist   von   der   Zeche   nur   noch   der   Förderturm   übrig;   und trotzdem   sitzen   sie   da   und   schauen   den   Turm   an.   Und   das   bei einem    Arbeitsplatz,        der    aus    körperlich    schwerer    und    oft gefährlicher    Plackerei    bestand.    Was    auch    immer    Ihr    beruflich macht,      könnt   Ihr   Euch   vorstellen,   wenn   Ihr   die   Rente   durchhabt, ständig   bei   Eurer   alten   Firma   rumzulungern,   auch   wenn   Euch   dort nur   noch   eine   verlassene   Werkshalle   oder   ein   leeres   Bürogebäude angähnt?   Offenbar   war   der   Bergbau   also   nicht   nur   außerordentlich prägend   für   die   Region   im   Allgemeinen,      sondern   auch   für   viele einzelne Kumpels im Speziellen...
Überraschende und schöne Fundsache bei unserer Sonntagswanderung. An einem großen Felsen mitten im Wald fanden wir diese Tafel:  "Für einen Freund: Da stehst Du nun schon fast eine Ewigkeit kein einziger Schritt Hast Dich niemals versteckt Keine Zweifel, Gedanken was ist richtig oder falsch Du stehst da und bist  Meine Geschichte - bitte lach' nicht,  sie ist kurz Ich wanderte durchs Leben Kreuz und quer, hin und her auf der Suche nach einem Ort an dem ich stehenbleiben kann  Und Du stehst einfach nur da und bist."